20 Kriegsteilnehmer 1870/71 und WK 1
23. Teilnehmer am Kriege 1870/71
Inflation
Als Großherzog Friedrich seine badischen Landeskinder zur Teilnahme am Kampf der deutschen Länder gegen Frankreich aufrief, folgten auch aus unserer Gemeinde gediente Soldaten der Fahne. Sie kehrten nach Kriegsende alle wieder zurück in ihre Heimat.
Die Gemeinde unterhält bei der Kirche ein Denkmal für diese Krieger; es ist aus Granit und trägt den Adler mit halbausgespannten Flügeln.
Die Kriegsteilnehmer waren:
1. Albicker, Johann 11. Matt, Baptist
2. Albrecht, Wilhelm 12. Müller, August
3. Berger, Rudolf 13 Müller, Leopold
4. Bernauer, Albin 14. Nüßle Heinrich
5. Fechtig, Johann 15. Matt, Albin
6. Fechtig, Baptist 16. Nüßle, Isidor
7. Gantert, Heinrich 17. Probst, Andreas
8. Jordan, Emil 18. Rheiner, Ludwig
9. Kaiser, Julius 19. Schnitzer, Oskar
10. Leber, Benjamin 20 Schnitzer, Wilhelm
21. Weiler, Isidor
Nach einer friedlichen Entwicklung und Vorwärtsstrebung im landwirtschaftlichen wie im gewerblichen Leben des Dorfes begann 1914 der 4 ½ Jahre dauernde furchtbare erste Weltkrieg, zu dem über hundert junge, gesunde, kräftige Männer von hier einberufen worden waren. Von den Einberufenen starben den Tod für das Vaterland:
1. Albrecht, Josef 14. Modesbacher, Leopold
2. Binkert, Franz 15. Matt, Julius
3. Bernauer, Fritz 16Matt, Leopold
4. Blatter, Theodor 17. Morath, Friedrich
5. Blatter, Max 18. Preiser, Karl
6. Clesle,m Christian 19. Probst, Konrad
7. Ebner, Franz 20. Probst, Julius
8. Fechtig, Heinrich 21. Rogg, Theodor
9. Krieger, Karl 22. Rheiner, August
10. Krieger, Adolf 23. Schnitzer, Otto
11. Kaiser, Ferdinand 24. Schnitzer, Oskar
12. Kiefer, Friedrich 25. Schnitzer, Oskar
13. Modesbacher, Johann 26. Zimmermann, Emil
Fast täglich mussten nach Anordnung der Mobilisation Militärpflichtige aus dem Orte einrücken, was bald eine große Störung im Geschäftsbetrieb und in der Landwirtschaft verursachte. Anfangs August 1914 wurde eine Art Bürgerwehr, meist aus militäruntauglichen Leuten hier gebildet, die Tag und Nacht mit ihren Gewehren auf den Straßen patrouillierten und verdächtige Personen anhielten.
Mit jubelnden Hochrufen wurden die Einberufenen fortbegleitet. Die fortgesetzten Siegesmeldungen aus Ost und West verstärkten die Hoffnung auf guten Kriegsausgang. Mit Glöckengeläute wurden anfänglich die Siege gefeiert, die unsere Soldaten auf den Schlachtfeldern errungen hatten. Als aber der Krieg immer mehr sich ausdehnte, die Zahl der Gefallenen sich stets vermehrte, und fast die ganze Welt gegen uns zu Lande, zu Wasser und in der Luft im Kampfe stand, wurde die Stimmung ständig gedrückter. Das Elend vermehrte sich; es traf schon bald zu Beginn des Jahres 1916 eine wesentliche Verknappung der Lebensmittel ein, so dass Zucker, Brot, Fleisch und andere nötige Gebrauchsartikel nur gegen Ausweiskarten erhielt.
Auch die schlechte Ernte des Jahres 1916 ließ die Not höher steigen. Kartoffeln, Getreide waren missraten, für das Vieh fehlte das notwendige Futter. Durch die vielen Einberufungen fehlte es überall ab Arbeitskräften. Die Siegeszuversicht begann zu schwinden, die Stimmung wurde immer elender. Die Kirchenglocken mussten für Kriegszwecke abgegeben werden (1917). Im Jahre 1918 vermehrten sich die Requisitionen für die Fortsetzung des Krieges; es regnete Verordnungen und Weisungen, die sich mit Rationierungen, Ablieferungen von Lebensmitteln, Zeichnung von Kriegsanleihen – sogar Schüler mussten zeichnen – befassten. Trotz der vielfachen Versicherung, dass ein Sieg unzweifelhaft sei, begannen die Leute sehr, sehr zu zweifeln.
Als das Gerücht durchsickerte, dass die Verbündeten Deutschlands nämlich Österreich, Bulgarien und die Türkei erlahmen beginnen, merkte jeder, dass es mit der Kriegsführung der Deutschen weniger gut mehr stehe, trotzdem man noch von Sieg sprach. Man munkelte schon im Volke von Zusammenbruch des Heeres, Waffenstillstandsangeboten u.ä. bis endlich im Spätjahr 1918 die Abdankung aller deutsche Fürsten und als Folge Aufruhr, Einbruch, Plünderungen, Morde, Streiks und andere Wehen, die ein verlorener Krieg mit sich bringt, erfolgten. Schwer waren die Wunden, die der Krieg auch in unserem Orte geschlagen hatte.
zur Finanzierung des Krieges wurden s.Zt. vom Reich mehrere Kriegsanleihen aufgelegt, selbst die Schüler aller Schulgattungen wurden zur Mitzeichnung aufgefordert.
Die Schule Birkendorf hatte gezeichnet:
zur 6. Kriegsanleihe 3715 Mark
zur 7. Kriegsanleihe 415 Mark
zur 8. Kriegsanleihe 2700 Mark
zusammen 6830 Mark
Das Geld ging durch die Inflation völlig verloren.
Schon 1916 setzte das Hamstern vom Lebensmitteln durch Städter auf dem Lande ein; denn die amtlichen Zuteilungen waren sehr gering, und als weitere Mißgeburt machte sich anschließend das Schiebertum breit und wohl allerschlimmste, was an Nachkriegswehen erschien, war die Geldentwertung, wodurch die Spargelder allesamt vernichtet wurden.
Die Geldpresse hatte vollauf zu tun und warf nicht nur Millionen- und Milliardenscheine unter das Volk, sondern auch Billionen. Der bescheidene Bürger fand sich nur schwer damit zurecht. Diese Geldflut täuschte die Leute über die wirkliche Armut hinweg, bis schließlich im Jahre 1923 die Währungsreform dem großen Schwindel ein Ende bereitete. Es wird ja einmal von der Nachwelt kaum begriffen werden können, dass in dieser Zeit, als das deutsche Volk auf diesen schwindeligen Weg ging, eine Flasche Bier 400.000.000.000 Mark (Vierhundert Milliarden) und ein Laib Brot 450.000.000.000 Mark (450 Milliarden) kosteten.
Gegen Ende des Jahres 1923 war endlich die Billion auf eine Mark zurückgesetzt worden. In dieser unsicheren Zeit waren Landwirtschaft und Waldbesitz der einzige sichere lebensfähige Rückhalt. Es ist völlig unmöglich die Not, das Elend und die Sorgen dieser durch gewissenlose Menschen heraufbeschworene Zeit zu beschreiben.
Die Presse schreibt nach einem Jahr über diese „schwindelige Zeit:
Ein böses Jubiläum ist im Monat November. Es ist ein Jahr her, dass die Geldentwertung mit Riesenschritten vor sich ging und die kleinste Haushaltung, wie die größten Geschäftsbetriebe fast bis zur Verzweiflung brachte. Nur eine kleine Erinnerung an diese finstere Zeit, die hoffentlich nie mehr kommen wird. Die deutsche Goldmark war am 1. September auf eine Million gestiegen oder gesunken, wie man sagen will, am 15. Sept. waren es schon 13, am 30. Sept. 31 Millionen; am 6. Oktober ging der Sprung auf 66, am 13. Okt. waren es 15 Milliarden, am 2. Nov. 31 Milliarden, am 4. Nov. 100, am 14. Nov. 200 und in rascher Steigung bis 21. Nov. wurde die Billion erreicht. Diese Billion heißen wir Rentenmark oder Goldmark und wissen schon bald nicht mehr, dass es etwas anderes gegeben hat. Auf manchen Rathäusern stehen Kisten mit wertlosem Papiergeld, Summen von einer bis 12 Nullen. In einem solchen papierenen Grab liegt eine Unsumme von Enttäuschung, von Zorn, Erbitterung, Armut und Hunger. Es war eine Zeit, wo die Leute Brotrenkel entlehnten, wo ein Viertel Liter Milch unerschwinglich war, wo ein Stück Fleisch oder ein frisches Ei etwas Unbekanntes wurde. Nach Jahresfrist dürfen wir daran denken, was wir alles durchgemacht haben, und der November des Jahres 1923 wird allen unvergesslich sein, samt dem unzähligen Male verfluchten Multiplikator, der alltäglich aufs schnellste kam.
Wenn dieser Krieg auch für uns verloren ging, und das deutsche Volk nach heldenhafter Wehr auf die Knie gezwungen wurde, so lag das nicht an den Kämpfern, die draußen Furchtbares erduldet hatten, sondern an den widrigen Umständen.
Die Mitte der dreißiger Jahre brachten großen politischen Umschwung in Stadt und Land durch den vielversprechenden Nationalismus. Die Ortschaften waren in Zellen und diese wieder in Blöcke eingeteilt und die zusammen bildeten die Ortsgruppe vom Ortsgruppenleiter geführt. Selbst der Bürgermeister unterstand diesem Ortsgruppenleiter, falls er nicht selbst dieses Amt mit inne hatte. Mancher Ortsgewaltige der nationalsozialistischen Arbeiterpartei (N.S.D.A.P.) fühlten sich als Ortsgruppengraf und trieb es mitunter bunt mit Hilfe seiner Macht. Hass Zank und Angeberei machte sich breit in den Dörfern und Städten eben durch übles Nachreden und Angebertum.
Durch das autoritative System wurden in jener Zeit die Bürgermeister und ihre Beigeordneten von der Partei in ihr Amt berufen. Die Gemeinderäte duften wohl mitberaten, doch der Bürgermeister war an ihre Meinung nicht gebunden. Die Beschlussfassung für die Gemeindeangelegenheiten war also nicht kollegial.
Ob man wollte, oder nicht, das Volk wurde wieder in einen zweiten Strudel hinein gezogen, dess Folgen schlimmer waren, als die des ersten Weltkrieges.
In diesem Riesenkampf sind für das Vaterland gefallen 1939 – 1945
1. Albrecht, Ernst 14. Krieger, Wilhelm
2. Albicker, Tobias 15. Kromer, Josef
3. Bachmann, Anton 16. Metzler, Albin
4. Buchmann., Hubert 17. Metzler, August
5. Brotz, Karl 18. Nägele, Alfons
6. Clesle, Karl 19. Probst, Friedrich
7. Eichkorn, Hugo 20 Rebmann Ernst
8. Fechtig, Heinrich 21. Rheiner, Gerhard
9. Hirzle, Anton 22. Rogg, Werner
10. Jordan, Herbert 23. Schupp. Emil
11. Kaiser, Bruno 24. Stulz, Erwin
12. Kistler, Rudolf 25. Straub, Theodor
13. Krieger, Hugo 26. Jordan, Walter
Die Vermissten im 2. Weltkrieg 1939 – 1945
1. Braun, Josef 6. Maier, August
2. Clesle, Albert 7. Matt, Alfons
3. Fechtig, Wilhelm 8. Rheiner, Hermann
4. Kistler, Josef 9. Schnitzer, Adolf
5. Kistler, Leopold 10. Stengel, Walter
Es ist vielleicht auch ein von der Forschung besonders verliehenes Geschenk, dass der zweite Weltkrieg wieder für uns verloren ging und dem Volke für Jahre die Armut zuteil wurde.
Doch die Welt mag sich drehen, wie sie will, sie mag heute dies und morgen jenes schlecht oder recht nennen, Treue, Opfermut und Liebe zum nächsten und zu Heimat sind stets Werte, für die unsere Feldgrauen ihr Leben hergaben, es sind das Werte, die keiner uns nehmen kann.
Schwere Zeiten kamen in beiden Kriegen und in den Nachzeiten auf unser Volk. Voller Stolz darf erwähnt werden, dass der Einsatzwille die letzten Kräfte des Einzelnen beanspruchte, um der geliebten Heimat zu helfen, in dem Bewusstsein, für eine gerechte Sache einzustehen. Und wie sind wir von oben herab getäuscht und belogen worden! –
So mancher Vater, Sohn und Bruder stand in fernen Landen, in Frankreich, Belgien, Holland, Norwegen, Italien, Russland, Balkan, in Afrika oder anderswo und opferte sein Leben oder seine Gesundheit dort für die Heimat. In stolzer Trauer gedenken wir dieser Toten, doch sie sollen unvergesslich bleiben, sowohl auch diese, die in der Heimat ihr Leben durch Feindflug dahingaben.
Der Krieg ging für Birkendorf vorüber, ohne dass feindliche Flieger Bombenabwurf vornahmen oder die Bewohner mit Bordwaffen beschossen. Bald nach dem Zusammenbruch des Heeres trafen die ersten Panzerspähwagen der Franzoden und motorisierte französische Truppen im Dorf ein, es waren etwa 600 Marokkaner hier längere Zeit im Quartier von Ende April 1945 an. Dass mit der Einquartierung viel Unerfreuliches und Bedrückendes wie Beschlagnahmungen etc. erfolgte, wie es nämlich bei solchen militärischen Besetzungen im Krieg durch Freund und Feind üblich ist, braucht wohl nicht besonders erwähnt werden.
Nach dem Abzug der Truppen kamen französische Kinder zur Erholung, die im Schulgebäude untergebracht waren. Der Schulunterricht fiel über ein Jahr lang aus, ferner französische Holzfällergruppen "erleichterte„" den Birkendorfer Wald um 3200 Festmeter Holz.
Diese Besatzungsauflagen und schließlich noch die unerhörte Währungsreform im Juni 1948, wodurch wieder die Spargelder zu einem Nichts dahinschmolzen, machte jedem klar, wohin wiederum der unselige Krieg uns geführt hatte.