Fidel Gantert - Kampf um's Bürgerrecht

 

bruchsal

Die +Justizvollzugsanstalt Bruchsal (ehem. Landesstrafanstalt Bruchsal) ist eine Justizvollzugsanstalt (JVA) in Bruchsal, Baden-Württemberg. Umgangssprachlich wird die Anstalt auch „Stern zu Bruchsal“ oder „Café Achteck“  genannt.

Das Hauptgebäude an der Schönbornstraße nordöstlich der Innenstadt wurde 1841–1848 als „Männerzuchthaus“ nach Plänen des Architekten und hochrangigen badischen Baubeamten Heinrich Hübsch errichtet. Vorbild für den vierflügligen Zentralbau mit seinen an eine Festung erinnernden, zinnenbekrönten Außenmauern war das Eastern State Penitentiary in Philadelphia (USA). Nach der Eröffnung im badischen Revolutionsjahr 1848 nahm die Anstalt zunächst die Gefangenen des niedergeschlagenen Aufstands auf. –

 

Fidel Gantert war mindestens ein Jahr im Zuchthaus Bruchsal. Wann er seine Strafe antreten musste, ist bisher noch nicht klar. Irgendwann im Jahre 1850. Entlassen wurde er wegen Wohlverhalten im September 1851, siehe seinen „Laufpass“ vom 2.9.1851.

 

 

begnadigung

laufpass

 

13. April 1852

Großherzogliches Bezirksamt dahier übergebe ich folgende Vorstellung mit der Bitte sie geeigneten Orts gefällig vortragen zu wollen.

 

Nach wohlderselben Anordnung bin ich in meinem Heimatort eingebaut und darf denselben nicht verlassen. Mein heutiger Versuch, einige Milderung dieser Strenge bei wohldemselben zu erwirken, blieb unter Berufung auf höhere Anordnung fruchtlos. Darum ich mich nun zu gegenwärtiger Vorstellung, die ich höheren Orts vorzulegen  bitte, genötigt sehe. Ich glaube vor Allem nicht, dass ich sein meiner Entlassung aus der Strafanstalt nur den geringsten Anlass geboten, so beengende Maßregeln gegen  mich anzuordnen, da ich lediglich nur der Erhaltung meiner Familie lebte, und insbesondere in politischer Beziehung selbst den Schein eines Anstoßes vermied.

 

In dem unbedeutenden Orte Birkendorf bin ich nicht im Stande, eine Familie von 10 Köpfen vor Not zu schützen, zumal bei dem gegenwärtig so teuren Brote nicht. Ich bin nicht in der günstigen Lage eines Städters, zu dem die Geschäftsleute kommen, sondern ich muss diesen in die Städte und Marktflecken nachgehen, wenn ich etwas verdienen will. Mein Geschäft besteht nämlich in Commissions Handel worauf ich mir von größeren Häusern in Auftrag gegebene Artikel da und dort zu verkaufen suchen muss, gegen angemessene Provision.

 

Dass ich hierbei selbst nachgehen muss, um meine Committenten bald und vollständig zu befriedigen, wodurch ich mich allein empfehlen kann, ist selbstverständlich. Mit Corespondenz ist eine solche Geschäftsart aus naheliegenden Gründen nicht zu betreiben, auch darum nicht, weil ich es nicht immer den bekannten gleichen, sondern mit noch unbekannten, stets neu aufzusuchenden Geschäftsleuten zu tun habe.

 

Aus diesen Gründen und weil die hohe Zweite Kammer meiner Petition um Handhabung milderer Maßregelungen die politisch Abgestraften für begründet erfunden und dem höchstpreislichen Staatsministerium zur Berücksichtigung empfehlend überwiesen hat: bitte ich, mir diese Berücksichtigung wenigstens insoweit vorderhand angedeihen zu lassen, dass ich ungehindert meinem Laufgeschäfte als Handelsmann nachgehen kann, weil ja davon die Unterhaltung meiner Familie unbedingt abhängt. Aus diesem gleichen Grunde bitte ich auch das Gr. Bezirks Amt schließlich noch nicht angelegen diese Vorstellung mit wohlgefälliger Beförderung einbegleiten und bis zur Einkunft höheren Resolution mir, in gütiger Berücksichtigung meiner Verhältnisse wenigstens einen Ausweis für den Amtsbezirk Bonndorf ausstellen zu wollen, damit ich nicht ganz müßig und verdienstlos dasitzen muss.

 

Wie bisher, so darf Gr. Bezirksamt auch künftig versichert sein, dass ich keinerle Ursache zur Befürchtung des Missbrauchs der mir zu gewährenden Bitte bieten werde; da mir, abgesehen von allem Anderen, schon die Pflichten als guter Hausvater die Aufgabe machen, mich nur innerhalb gesetzlicher Schranken zu bewegen, in welchem allein es mir möglich wird, die Existenz meiner Familie dauernd zu sichern.

Birkendorf, 13. April 1852

 

 

Fidel Gantert

 

 

 

                                        

                                  

Gehorsamsten Bericht

Gemeinderat zu Birkendorf

Über die Aufführung des Fidel Gantert von da betr.

 

Wohldemselben wird auf den Herrlichsten Erlasse vom 15ten des Monats Nr. 8011 in obigem Betreffe gehorsamst berichtet.

Fidel Gantert von hier hat sich seit seiner Entlassung aus der Strafanstalt, nicht im geringsten in politischer Beziehung eingelassen und hat sich bis dahin rechtschaffen aufgeführt.

Birkendorf, den 23. April 1852

der Gemeinderat

 

 

 

 

Birkendorf, den 3. Mai 1852

Fidel Gantert

 

Die Behandlung der abgestraften

Hochverräter betreffend

 

Nachdem mir mit Wohldemselben Beschluss vom 29. October v.J. N°22928 der höchste Entschluss aus Ghz. Staatsministerium vom 22ten v.J. eröffnet war, reichte ich unter obigem Rubrum am 15. Januar d.J. eine Überstellung hingegen bei der Ständkammer ein, welche derselbe auch für begründet erfand und Ghz. Staatsministerium zur Berücksichtigung überwies. Von dieser Zeit an trug ich mich gerne mit der Hoffnung, dass mir sofort ein milderes Los werde zuteil werden, da ich keinerlei Veranlassung zu gegenteiligen Maßregeln bot, allein vergeblich harrte ich bis zum heutigen Tage. Ich muss mir daher, vom äußersten Notstand gedrängt, erlauben, Ghz. Bez. Amt mit der Vermittlung des Gegenwärtigen zum Ghz. Staats-ministerium qua Erneuerung bezüglich der vorgenannten höchstdenselben zur Berücksichtigung überwiesenen Petition zu bemühen.

            Denn ganz vermögens- und verdienstlos, ohne Liegenschaftsbesitz und alles in das hiesige Dorf eingebaut mit einer Familie von 8 Kindern, bin ich nicht länger mehr im Stande, es auszuhalten. Es ist wahrlich genug, an den allermächtigsten Landesfürsten des Lebens Mangel zu leiden und um ehrlich zu bleiben, um schon harte Los mir und den Meinigen den ganzen Winter bis jetzt in vollstem Maße zu Teil werde, da man uns schon über 2 Jahre zu dem allem noch das Bürgergabenholz verweigerte und mir also auch mit der Kälte zu kämpfen hatten, und man uns jetzt auch unbebaut daliegendes Allmendfeld verweigert, auf welches wir Kartoffeln anpflanzen wollten: wahrlich genug ist es an solchen Bedrängnissen aller Art, sage ich und länger sind wir es ................ der immer mehr steigenden Landpreise nicht im Stande auszuhalten.

            Die mir nach Erstehung der hälftigen Zuchthausstrafe zuteilgewordene Allerhöchste Begnadigung erfolgte gewiss hauptsächlich in der huldvollsten Absicht, nämlich um der armen verlassenen Familie den Ernährer und Vater wieder zu geben. Mich nun in mein Heimatdorf einzubauen, wo ich nicht erwerben und verdienen kann, sondern einen anhaltenden Notstand mit meiner Familie preisgegeben bin: das entspricht wahrlich jener huldvollsten Absicht nicht, und es muss mich diese Behandlung umsomehr schmerzen, als alle mir bekannten Schicksalsgenossen teils wieder reaktiviert, teils und soweit sie nicht vorher in öffentlichen Stellungen waren, ungehindert ihrem Erwerb nachgehen, da und dorthin reisen können und zu diesem Zweck selbst Ausweise in die Schweiz bekommen. Warum ich nun allein gehemmt in meinem Erwerb, dass ich mein Heimatdorf nicht verlassen darf, nichts verdienen kann! Oder wodurch soll ich mir solche ausnahmsweisen Maßnahmen, die so schwer auf mir und meiner Familie lasten zugezogen haben? Selbst die wegen gemeiner Verbrechen in der Strafanstalt waren, genießen in dieser Hinsicht ein viel milderes Los denn ich, indem sie ungehindert ihrem Erwerb nachgehen können.

            Ich soll noch leben und meine Haushaltung ernähren, ehrlich ernähren, und werde dabei aber polizeilich mit Ortsarrest belegt, damit ich nirgends hin kann, während ich meiner Subsistenz [Bestehen] zu Hause nicht erschwingen kann! Diese Zumutung übersteigt in der Tat die Möglichkeit.

            An das höchstpreisliche Staatsministerium stelle ich daher die ehrfurchtsvolle und sehr ........... Bitte, die höchstdemselben von den Landständen zur Berücksichtigung überwiesenen Petition höchstgefällig erledigen, beziehungsweise mir wenn man meiner Reaktivierung als Amtsaktuar sowohl als die Erteilung der nachgesuchten Concessionen, um wieder eine solide Existenz im Lande zu gewinnen, nicht für zulässig erachtet, sofort Legitimationspapier zur gewerblichen Niederlassung im Amtsbezirk anstellen lassen zu wollen.

 

            Birkendorf, den 3. Mai 1852

Fidel Gantert

 

 

Bonndorf, 19. Januar 1854

Mündliche Bitte

 

Da die heute eingesehenen Akten über meine Bürgerrechtsverlustigkeitserklärung nicht vollständig sind, was wahrscheinlich daher rührt, dass dieser Gegenstand zuerst vom Ghz. Bez. Amt Stockach behandelt wurde, wohin ich auch meine erste Rekursionsbeschwerde [Einspruch] richtete; so bitte ich, die Akten von letzterer Amtsbehörde gefälligst zu requirieren [nachforschen durch eine Behörde], und mir dann vollständige Akteneinsicht gestatten zu wollen. Auch die an Wohldasselbe selbst auch das Anschreiben vom 3. März 1850 N.3834 gesandte Rekursionsbeschwerde mangelt bei diesen Akten, welche vielleicht ebenfalls bei den Stockacher Akten beruhen dürfte.

Bonndorf, 19. Jan 1854

Fidel Gantert

 

Da die heute eingesehenen UntersuchungsAkten nichts von der vom Bez. Amt Stockach zuerst ausgesprochenen Staatsbürgerschaftsverlustigkeitserklärung enthalten und als wahrscheinlich ein besonderer Fascikel hierüber beim Amt Stockach beruhen; so wiederhole ich dringinglich obige Bitte.

 

Bonndorf, 28. Jan 1854

Gantert

 

 

 

Die fraglichen Akten betreffen die Staatsbürgerschaftsverlustigkeitserklärung des Fidel Gantert von Schlatt  [unter Krähen] wegen beharrlicher Landesflüchtigkeit. Hingegen führte ich den Recurs beim Bez. Amt Stockach von Uehslingen aus, Canton Thurgau [Uesslingen-Buch, bei Frauenfeld, TG] aus; und gegen die gleiche spätere Sentenz des Bez. Amtes Bonndorf von Huben [Frauenfeld-Huben] aus, gleichen Cantons; was ich auf vorstehendes gehorsamst bemerke.

 

Birkendorf, den 16. März 1854

Fidel Gantert

 

Stockach 3 April 1854

 

Beschluss

Ggst an Gr Bezamt Bonndorf

mit dem ............ zurück, dass

sich fragliche Akten u. ..................

Registratur nicht auffinden lassen.

                       

Ghz. Bezirksamt

 

 

Birkendorf, 20. May 1854

an Großherzogliche Regierung des Seekreises

Staatsbürgerschaftsverlustbestätigungserklärung

gegen Fidel Gantert

betreffend

 

I           In den Jahren 1849 und 1850, wo ich mit einem gesetzlichen und sogar auf die Schweiz ausgestellten vom anfangenden Jahre 1848 an [Fidel war 41 Jahre alt] für3 Jahre gültigen Heimatschein in diesem Lande längere Zeit mich aufhielt, wurde vom Großherzoglichen Bezirksamt Stockach die Staatsbürgerschaftsverlustigkeit gegen mich erkannt und in der Carlsruher Zeitung ausgeschrieben; worauf ich aber sogleich den Rekurs hingegen anzeigte und gleichzeitig in Zusendung der Rekursbeschwerde an jenes Bezirksamt ausführte. Bald darauf erfolgte indessen auch noch die Erklärung der Staatsbürgerrechtverlustigkeit gegen mich ab Seite des Ghz.Bez.Amts Bonndorf auf die gleiche Weise in der Carlsruher Zeitung und ich führte aber auch hingegen den Rekurs, wie oben unverzüglich aus.

 

            [ Rekurs = rechtl. zugelassenes Gesuch,

            eine behördliche Entscheidung anzufechten ]

 

            Es ist bis heute weder die eine noch die andere Rekursbeschwerde erledigt, und  nachdem ich mich seitlangem schon bemühte durch Akten Einsicht Kenntnis von dieser nun schon im 4. Jahre dauernde Verzögerung, oder vielmehr von dem Grunde dieser auffallend langen Verzögerung zu erlangen: ergab es sich dass beim Bezirksamt Bonndorf außer der Carlsruher Zeitung worin das bezügliche Anschreiben gegen mich geschehen, nichts mehr über diesen Gegenstand vorhanden, und beim Bezirksamt Stockach überhaupt nichts mehr.

            Ueber die gehaltenen Recherchen lege ich hier zwei Bescheinigungen vor.

            Ich wende mich nun an Ghz. Kreisregierung mit der ehrerbietigen Bitte, die Erledigung dieser nun schon jahrelang schwebenden Sache auf gut findende Weise herbeiführen zu wollen; da mir seither Unrecht darin geschehen zu meinem großen Nachteil, dass man die gedachte Staatsbürgerschaftsverlustigkeitserklärung gegen mich als rechtskräftig betrachtete und behandelte, während sie dies in der Tat nicht und solange nicht ist und seyn kann, als mir Rechtsmittel hingegen offen stehen und derselben, von mir gebraucht, nicht entschieden sind.

            Von der Gerechtigkeit der hohen Regierung, an die ich hiermit appelliere, darf ich erwarten, dass einem so gesetzlichen Begehren Willfahrung oder die ferner Geltendmachung der Staatsbürgerrechtsverlustigkeitserklärung gegen mich auf andere Weise gehoben werde. Einerseits mit im Heimatschein enthaltenen Staatserlaubnis in der Schweiz mich aufhalten, andererseits aber, ohne je einmal die Gültigkeit des besitzenden Heimatscheines zurückzunehmen, mich wegen dieser Abwesenheit vom Vaterlande der Staatsbürgerschaft für verlustig zu erklären, und drittens vor Ablauf der 3 jährigen Dauer der gesetzlichen Gültigkeit des Heimatscheines schon wieder ins Vaterland zurückgekehrt gewesen: habe ich unzweifelhaft mehr und triftige Gründe, als andere Rekurenten gegen die Staatsbürgerschaftsvelusterklärung von einer gerechten Entsscheidung meiner Beschwerde ein günstiges Resultat zu erwarten. Ich wiederhole daher nochmals die gestellte Bitte.

 

Birkendorf, 20. May 1854

                                                                       Fidel Gantert

 

 

 

[ Birkendorf, 26. Juli 1854 ]

 

Ich bin jeden Augenblick bereit unter dem Eide zu erklären, dass ich die Rekursbeschwerden gegen die von den Ämtern Bonndorf und Stockach erkannten Staatsbürgerschaftsverlustigkeitserklärung innerhalb gesetzlicher Frist diesen Amtsbehörden eingesandt habe. Sollte man aber diese diese Bereiterklärung zum Eide nicht anerkennen wollen,so wäre ich bei der Wichtigkeit der Sache, welche hier in Frage liegt für mich, zu meinem Leidwesen in den Notstand versetzt, den gerichtlichen Weg zu betreten, um von der mir zustehenden Befugnis der §§ 530 & 752 P.O. Gebrauch machen zu können, indem ich die Gewißheit habe, dass fragliche Rekursionsbeschwerden bei den gedachten Amtsbehörden eingegangen sind –

 

Um Wiedervorlage dieser Sache mit dieser Erklärung bei hoher Regierung bittend verwahre ich mich wiederholt vor der Rechtskräftigkeit der amtlichen Erkenntnisse meiner Staatsbürgerschaftverlustigkeitserklärung und erbitte mir weitere Entschließung hierauf zu meiner Richtschnur.

 

Birkendorf, 26. Juli 1854

Fidel Gantert

 

 

Großherzogliches Bezirksamt                                                [ 1. Oktober 1854 ]

Die Staatsbürgerschaftsverlustigkeitserklärung gegen

Fidel Gantert in Birkendorf  betreffend

 

Auf den geehrten Erlaß vom 28ten v.M. N°18045 erlaube ich mir gehorsamst zu erwiedern:

            Ich kann mich nicht dazu entschließen, durch Aufstellung einer frischen Rekursionsbeschwerde nach 4 Jahren erst den rechtlichen Standpunkt der Sache im Mindesten zu verrücken, oder mich selbst dabei zu gefährden.

            Will eine hohe Regierung, nachdem die Voraussetzungen unter welchen das ..... Edikt gegen mich erlassen wurde, faktisch widerlegt sind, indem ich, und zwar lange vor Ablauf meines in seiner Gültigkeit während der 3 jährigen Dauer nie unterbrochenen Heimatscheines, ( den auch die Schweiz vom Ort Ramsen Canton Schaffhausen [bei Gottmadingen,Gailingen] nämlich ausgestellt war )  wieder ins Vaterland zurückgekehrt war: Will eine hohe Regierung diese Angelegenheit sonst – etwa durch Niederschlagung erledigen, so werde ich dies mit ehrerbietigem Dank hinnehmen, damit diese unangenehme und für mich durch den Vollzug schädlichen Sache, einmal zu Ende geht und ich den Rechtsweg nicht beschreiten muss.

            Im Übrigen kann ich nicht umhin zu bemerken, dass meiner, insoweiten Eingaben an Wohldasselbe wie an hohe Seekreisregierung gemachten Behauptung, als habe ich seinere Zeit den Rekurs gegen das .... : Edikt sowohl beim Ghz. Bez. Amt Stockach als Bonndorf in termino ausgesucht, wie der leiseste Widerspruch entgegengesetzt wurde, vielmehr dies jetzt erst geschieht, wo ich um die Rekursentscheidung in meiner Sache bitt, die, obgleich nicht vollzugsreif als rechtskräftig die Jahre her an mir in allen damit ein Zusammenhang gelegenen Fragen betrachtet wurde zum .......... Nachteil für mich. Ich darf daher jetzt auch, und zwar auf den Grund des hohen Regierungsamtes Ses. vom 8. v M. N°17229 welcher das Erkenntnis vom 2. März 1850 N°3834 als der Berufung wohlderselben und der Hohen Seekreisregierung welchen die Rechtskräftigkeit obigen Edikts zu Grunde lag, auf einer irrigen Annahme berufen wodurch mit also wieder rechtlich auch sehr mehr geschehen ist, indem ich meine Familie deswegen seit und mit 1850 bis jetzt aller bürgerlichen Nutzungen beraubt wurde.

            Durch das Abhandenkommen meiner Rekursbeschwerden in den Ghz. Bez. Ämtern Stockach und Bonndorf zugleich, die mich allerdings in Staunen versetzt, ist mein Standpunkt in vorliegender Sache nicht nur bedeutend erschwert, sondern der bisherige Schaden in Entbehrung der Bürgerlichen Nutzungen widerrechtlich zugefügt worden; was meiner Familie in so schwerbedrängter Zeit um so weher tut, als man meiner Ehefrau kraft Gemeindegesetzes den Bürgernutzen selbst in dem Falle nicht entziehen könnte, wenn die erkannte Staatsbürgerrechtsverlustigkeits-erklärung gegen mich wirklich eine ausgemachte Sache wäre, denn sie müsste dann ja als Witwe angesehen und behandelt werden, wie dieselbe in ihren bis izt noch nicht erledigten, am 3ten Mai d.J. in gefällige Erinnerung gebrachte Eingabe vom 23. März d.J.. näher dargetan hat, bei Wohldemselben.

            Ich gebe nunmehr Einer hohen Kreisregierung Weisheit die weitere Verfügung hierüber anheim, und erlaube mir schließlich noch, die Hoffnung auszusprechen, dass man mich nicht in die peinliche Lage versetzen werde, unter dem Gesichtspunkte des § 752 der P.O. den Gerichtlichen Weg gegen Verwaltungsbehörden, welche bis jetzt irgendeiner Kenntnis von den Rekursbeschwerden ignorieren, betreten zu müssen.

            Einstweilen bitte ich Ghz.Bez.Amt, den hiesigen Gemeinderat darüber zu belehren, dass die gegen mich erkannte Staatsbürgerschaftsverlusterklärung zur Zeit nicht rechtskräftig sey und ich anzuweisen, mich wie vordem wieder in die bürgerlichen Nutzungen einzuweisen, und mir insbesondere den durch die Auswanderung des Gallus Ebner vakant gewordenen Feldbürgernutzen sofort zuzuteilen; da kein früher Berechtigter hierauf vorhanden ist.

 

Birkendorf, 1. Oktober 1854

Fidel Gantert

 

 

Hohes Regierungs Directorium!                                                                   [12. Dez. 1856]

 

                                               Die Restitutionierung [Wiederaufnahme]der wegen Teil-       

                                               nahme an den aufständischen

                                               Bewegungen von 1848 & 1849

                                               Bestraften in ihren Staats- und

                                               gemeindebürgerlichen Rechte

                                                                                              betreffend

 

            Aus dem Donaueschinger Wochenblatte erfuhr ich, dass Seine königliche Hoheit der Großherzog alergnädigst geruht habe, die rubr. Wiedereinsetzung in die Staats- und Gemeindebürgerlichen Rechte, sowie Nachlass der strafrechtlichen Folgen des Zuchthauses allen jenen angedeihen zu lassen, welche darum bitten, sich seit der Strafentstehung tadellos betragen haben, und Reue über das Geschehen erklären.

            Obgleich ich zwar diese Erklärung schon aus der Strafanstalt in einer Bittschrift um Begnadigung noch an Seine Königliche Hoheit den Hochseligen Großherzog abgab, unter Versprechung gesetzlichen Verhaltens, so wiederhole ich sie hiermit  nochmals, mit dem gehorsamsten Betragen, dass mein politisches Betragen seit der Entlassung aus der Strafanstalt (1851) trotz der schärfsten Aufsicht keinem einzigen Tadel unterlag, und mir mein Strafurteil wegen Hochverrats im übrigen einen guten Leumund zuerkennt.

            Eventuell wollte Ghz. Gendarmerie deren Überwachung ich seit dem Herbst 1851 unterstand zu gewissenhaften Erklärung über mein politisches Verhalten hochgefälligst aufgefordert werden.

 

                                               Ich bitte hierauf:

 

l.          um Wiedereinsetzung ins Staats= und Ortsbürgerrecht

ll:         um Nachlass der strafrechtlichen Folgen des erlittenen Zuchthauses.

 

            Nachdem mein, leider noch immer fortdauerndes Verhältnis zum Ghz. Amtsvorstand – Bezirksamtmann Ganter in Bonndorf, hohen, höheren und höchsten Ortes zur Genüge bekannt ist; so wird es kaum der Entschuldigung bedürfen, dass ich dessen Hand zur Vermittlung des Gegenwärtigen umgehe.

 

Birkendorf, 12. Dez. 1856

Fidel Gantert

 

 

 

 

 

 Geschehen Uehlingen, den 30. Dez.1856

 von Ghz. Amts.......... Ganter

 

 Die Wiederverleihung der Staats-

 und Bürgerrechte an

 Fidel Gantert zu Birkendorf

 

            Auf Ladung erscheinen heute Bürgermeister Kistler und die Gemeinderäte Josef Kaiser und Columban Schnitzer von Birkendorf.

Man eröffnete denselben die Eingabe an Fidel Gantert  m. 12. d.M., worauf sie zu vernehmen gaben:

            Wir können dem Gesuche des Fidel Gantert um Wiederverleihung des Ortsbürgerrechtes nicht entsprechen, wie nach seinem bisherigen Benehmen gegenüber der Gemeinde daran zu sehen ist, dass ersterer bei der bekannten und nie ermüdenden Streitsucht des Fidel Gantert in fortwährende Processe verwickelt wurde. Bekannterdings hat er nicht nur in früheren Jahren seine vermeintlichen Ansprüche auf  ...holz= und Allmendsholzgenuss nachdem er doch des Staats= und Ortsbürgerrecht verlustig war, durch alle Instanzen hartnäckig verfolgt,  ......... ....... auch in neuerer Zeit als angeblicher Vermögensverwalter des Fidel Albrecht –Processe, welche gegenwärtig bei Amt u. der Ghz. Landesregierung anhängig sind, und sucht alle Mittel und Wege auf, um diese ins Unendliche zu verzögern, obgleich sie teilweise schon rechtskräftig entschieden sind.

            Es ist ferner bekannt, dass Fidel Gantert einen ...............ichen Erwerbszweig nicht besitzt und sein kümmerliches Dasein nur mit Winkelschreiberei fristet, wodurch die Prozessucht genährt und Unfrieden gestiftet wird.

            Wenn ihm das Ortsbürgerrecht erteilt würde, so ist weiter voraus zu sehen, dass er seine Ansprüche auf den Holz- und Allmendgenuß sowie auf einen eigentümlichen Waldanteil ................ wieder erheben würde, so dass die Prozesse mit ihm kein Ende nehmen, überdies aber hätte er sich in der Gemeinde als Bürger einzukaufen, wozu er bei seinen ver....gsten Vermögensumständen. Gegen Wiederverleihung der Staatsbürgerrechte an denselben haben wir nichts einzuwenden und zwar umso weniger als er mit seiner Familie in unserer Gemeinde heimatberechtigt ist und sie ihn im Falle der Not auch unterhalten muss.

 

Bürgermeister Kistler

Kaiser

 

 

 

 

 

Ghz. Bad. Seekreisregierung                                          Constanz, 30. Januar 1857

 

Erlass Ghz. Innenministeriums des Innern vom 16. d.M.

 

                                                           Die Wiederverleihung des Staatsbürgerrechts

                                                           an die bei dem Maiaufstande beteiligten Personen

                                                                                                                      betreffend

 

                                   Beschluss

 

An Ghz. Bez. Amt Bonndorf:

Seit obigem Erlass hat Ghz. Ministeriium des Innern hierher zu vernehmen gegeben, dass dem Fidel Gantert von Birkendorf da in Ermangelung der Untersuchungsakten seine Beteiligung am Maiaufstande nicht näher ersehen werden könne und er zudem den Bedingungen des Staatsministeriellen Erlasses vom 4. Nov. v. Jahres in keiner Weise weder durch seine Erklärungen noch durch sein Verhalten den Staatsbehörden gegenüber genügt hat. das Staatsbürgerrecht zur Zeit nicht wieder verliehen werde. von einer Eröffnung dieser Verfügung an denselben soll indes Umgang genommen werden. Da dermal bei Ghz. Ministerium des Innern ein neuerliches Gesuch desselben nicht vorliegt.

            Bezüglich des ................  ................. von Bonndorf über welchem dem Amte unterm 6. Dezember v.J. N° 4655 Vorlage gemacht wurde, ist uns derselben nicht zu ersehen, dass und dann demselben das des Staatsbürgerrechts wegen Landesflüchtigkeit entzogen wurde, da derselbe zudem keine, nach der staatsministerial Entschließung vom 4. November v.J. genügende Erklärung über sein  ........... und ferneres Verhalten abgegeben hat, so ist demselben vorerst von dem Inhalte dieser höchsten Staatsministeriellen Entschließung vom 4. November Eröffnung zu machen, worauf man je nach Umständen weiterer Vorlage entgegen sieht.

 

            Die amtlichen Akten folgen zurück

                           Fromherz

 

15.3.1857

 

 

Großherzogliche Regierung des Seekreises!

 

                                                                       Die Restitution ins Staats- und

                                                                       Gemeindebürgerrecht des Fidel Gantert in                                                                        Birkendorf betreffend.

 

            Am 6ten v. Monats ließ mir das Bezirksamt durch hiesiges Bürgermeisteramt den hohen Beschluss vom 20ten Januar d.J. N°1182 eröffnen, worauf ich des anderen Tages dem Bez. Amte Akteneinsichtsbitte einreichte, behufs vorhabender Recursausführung – das Bezirksamt verweigerte mir aber unterm 13ten v.M. N° 2747 die erbetene Akteneinsicht.

            Der Beschwerde gegen Amtsmann Ganter längst müde, ansonsten ich hochdenselben schon öfter wieder hätte behelligen müssen, wollte ich also auch zur Akten-Einsichts-Verweigerung gänzlich schweigen, als mich erst dieser Tage ein der Ghz. Regierung besonders befreundeter Mann, der mich zur Einreichung eines Gesuchs um Restitution ins Bürgerrecht bestimmen wollte, indem er nicht wusste, dass ich es schon getan, förmlich aufforderte, obiges Verfahren des Amtmann Ganter, und dass dieser nur am gleichen Tage seiner Berichterstattung in      Betreff nämlich am 30. Dezember- wieder einmal, aber wie gewöhnlich resultatlos, das Haus durch die Gendarmerie durchsuchen ließ (wobei mir – auf Befehl des Amtmann Ganter- die Gendarmen nicht einmal den amtlichen Befehl vorzeigen konnten, obgleich mir doch ein gesetzliches Recht zu diesem Verlangen zustand!-) der hohen Regierung zu Kenntnis zu bringen.

            Indem ich hiermit also dieser freundlich gemeinten Aufforderung hiermit Folge gebe, enthalte ich mich. bei meiner gereizten Stimmung gegen den Amtmann Ganter jede weitere Bemerkung dazu, nur das sei mir erlaubt beizufügen, dass es mir sehr erwünscht wäre, den etwa gegen mich in die vorliegenden Akten gebrachte Anschuldigungen oder Verdachtangaben im Wege des offenen, nicht geheimen Verfahrens einmal Rede stehen zu können.

            Bei den durch die öffentlichen Blätter von Zeit zu Zeit kundwerdenden Tatsachen, dass Staatsregierung die Jahre 1848/49 der Vergessenheit übergeben wissen wolle, muss es mir ja zuletzt auffallen, dass dies allein im Amte Bonndorf und bei mir nicht der Fall ist. Doch nein; es fällt mir nicht auf, weil ich schon Auffallenderes erfahren, wenn ich nur bedenke, was mit meiner Rekursbeschwerde gegen die Staatsbürgerschaftsverlustigkeitserklärung geschehen, als ich dieselbe gesetzliche Behandlung bei hochderselben entgegenführen wollte, und ich stattdessen, wegen angeblicher Beleidigung des Amtmann Ganter ins Gefängnis geführt wurde. Hat vielleicht auch noch der hiesige Gemeinderat Material liefern müssen zum amtlichen Bericht vom 30ten Dezember? Ich weiß es nicht, denn das Amt hält die Akten geheim vor mir, was eigentlich in einem constitutionellen Staate mit dem angenommenen Grundsatze der Öffentlichkeit nicht harmoniert; ist es aber, dass auch der Gemeinderat gegen mich einberichtet hat, so muss mir von Rechts wegen auch die Verantwortung dagegen zugestanden werden. Abgesehen aber davon, unter welchen schweren Anklage ich den hiesigen Gemeinderat schon früher hingestellt, hat derselbe auch sonst Grund genug, meiner Wiedereinsetzung ins Bürgerrecht durch alle Mittel zu verhindern, weil er sonst zu fürchten hätte, dass der Schleier über unserer unheilsbringenden Gemeindsverwaltung gelüftet würde; da ihm doch schon meiner Vermögensverwaltung bei meinem Vetter Fidel Albrecht hier sehr im Wege ist, wie hohe Regierung bereits wird erfahren haben,

            Ich habe mich seit der Entlassung aus der Strafanstalt so aufgeführt, dass ich jeder Anschuldigung oder nur Verdächtigung frisch ins Gesicht schauen darf; wer also etwas gegen mich hat, trete als ehrlicher Gegner auch vor mich hin.

            Während ich der Meinung war, die Administrationsverfügungen hätten durchs Bürgermeisteramt an die Beteiligten zu gelangen, ließ mich das Bez. Amt den Beschluss vom13ten v.M. N°2749 durch den Gerichtsboten gegen 6 Xer Gebühr zustellen; da doch die erhöhte Zustellungsgebühr sich nur auf dienstliche Dekrete bezieht. Aber selbst Polizeidiener als Steuer=Mahner legen die neue Justizministerialordnung für sich aus und beanspruchen (selbst in loco) 6 Xer.

 

Birkendorf, 15. Mai 1857

                                                                                  Fidel Gantert

 

 

 

 

                                                           Gehorsamster Bericht des

                                                           Gemeinderats zu Birkendorf

                                                           die Bitte der Josefa Gantert

                                                           dahier wegen Bürgernutzen

                                                                                              betr.

 

Wohldemselben wird auf den geehrten Auftrag vom 15. v.M. N° 14424 so wie auf den geehrten Auftrag vom 31ten d.M.15160 in obigem Betreffe gehorsamst berichtet. Der Ehemann F. Gantert hat im Jahre 1850 wegen Hochverrats das Staats- und Gemeindebürgerrecht durch hochgerichtliche Erkenntnis vom 17ten Juli 1850

Nr. 8602 l. Senat verloren.

            Da der Bürgernutzen auf dem Ehemann früher geruhet hat und er denselben wegen dem Hochverrat verloren hatte, somit hat auch die Ehefrau Josefa Gantert denselben verloren. Somit behaupten wir, dass dieselbe den Bürgernutzen nicht mehr ansprechen kann..

 

                                                           Birkendorf, am 4ten Nov. 1857

                                                                       Gemeinderat

                                                                      

 

 

 

 

 

 

Das Großherz. Amtsgericht Bonndorf am 11. Juli 1860

an

Ghz. Bez.Amt

 

 

Reg. d. Seekreises                         Die Bitte des früheren Amtsactuars Fidel Gantert

Constanz, den                                von Birkendorf um Wiedereinsetzung in das Staats-

18. August 1860                             und Ortsbürgerrecht, sodann, zu Wiederbefähgung

                                                           zu Actuarsdiensten    betr.

 

                                                           Beschluss

 

Ghz. Amt Bonndorf wird .................. beauftragt, die Erklärung der Gemeinde Birkendorf darüber zu erheben und uns darzulegen, ob sie geneigt sei, dem Fidel Gantert für den Fall der Wiederverleihung des Staatsbürgerrechts an denselben das Ortsbürgerrecht wieder zu erteilen

                                                                                  Frommherz

 

 

 

 

Geschehen Birkendorf am 12. September 1860

Versammelter Gemeinderat & kleiner Bürgerausschuß

 

            In Folge Ghz. Bez. Amtlichen Auftrags vom 6ten d.M. N°11757 hat man am heutigen Tag zur Erledigung obigen Auftrags bestimmt.

            Der Bürgermeister verlas den amtlichen Auftrag dessen Inhalt über das Gemeindebürgerrecht für Fidel Gantert lautete u, stellte an die versammelten Mitglieder die Frage, ob dem Fidel Gantert für den Fall, dass diesem das Staatsbürgerrecht wieder verliehen werde, auch das Ortsbürgerrecht erteilt werden soll?

            Nach gepflogener Beratung, in der jeder einzelne seine Stimme abgegeben hat, wie folgt:

                                   Stimme dafür                       -                      Stimme dagegen

                                               ll                                                                     lllll

            Es ist sohin Beschluss des Gemeinderats, dass Fidel Gantert durch Stimme des Gemeinderats u. kleinem Bürgerausschuss soll dahier nichtals Bürger aufgenommen werden.

 

                                               Beschluss

 

Sein vorstehender Beschluss des Gemeinderats und kleiner Bürgerausschuß zu Genehmigung oder Verwerfung dem Großen Ausschuß vorzulegen.

 

Der Gemeinderat                                        der kleine Bürgerausschuß

Bgstr. Kistler                                                Bapt. Fechtig, Longin Stritt

Kaiser, Kini....                                              F.J.Ebner, .......

Schnitzer

 

 

 

 

Geschehen Birkendorf, den 14ten September 1868

vor versammeltem großen Bürgerausschuß

 

 

Nach dem der Gemeinderat u. kleiner Bürgerausschuß in seiner Sitzung vom

12. d.M.  beschloßen:

                        Es sei dem Fidel Gantert für den Fall, dass er das Staatsbürgerrecht erhalte, das Ortsbürgerrecht zu versagen = hiezu aber nach §81 des Bürgerrechtsgesetzes ein Beschluss des großen Bürgerausschusses erforderlich ist, so hat man den heutigen Tag zur Vernehmung desselben bestimmt.

            Dies hat man bereits durch Umsagen am 12. d.M. zur Kenntnis der Mitglieder gebracht, u. dieselben eingeladen, am bestimmten Tag zur festgesetzten Stunde zu erscheinen auf dem Rathaus. In folge dessen sind nun bei der heutigen Versammlung von 26 Stimmberechtigten Ausschussmitgliedern 18 erschienen, sohin mehr als 2/3 sämtlicher Ausschussmitglieder. Es ist daher die zur Fassung eines Gemeindebeschlusses nötige Zahl versammelt.

            Der Bürgermeister machte nun in einer kurzen Anrede den erschienenen Mitgliedern den Zweck der Versammlung bekannt, setzte ihnen die Gründe des vom Gemeinderat u. Kleinen Bürgerausschusses gefassten Beschlusses auseinander u. eröffnete die Beratung über den Gegenstand. Nachdem die Sache hinreichend aufgeklärt war, hat der Bürgermeister die Beratung geschlossen und folgende Frage zur Abstimmung gebracht:

            Gibt der Große Ausschuss seine Zustimmung zu den vom Gemeinderat u. kl. Ausschuss beschlossenen, das Fidel Gantert das Ortsbürgerrecht versagt wurde?

            Nach Aufstellung dieser Frage ließ man jedes der Versammelten Mitglieder einzeln vortreten, in über die aufgestellte Frage abstimmen. Die Abstimmung eines jeden einzelnen wurde von dem Ratschreiber unter besonderer Aufsicht des ältesten Gemeinderats und des Obmanns des Bürgerausschusses alsbald in der Art zu Papier gebracht, dass in dem unter Ziffer 1 anliegenden Blattes die Zahl der für und dagegen an die ausgesetzte Frage abgegebenen Stimmen durch Striche auf zwei Seiten bezeichnet.

            Nach Beendigung der Abstimmung wurden die abgegebenen Stimmen gezählt.

            Es hat sich dadurch ergeben, dass von den erschienenen 19 Mitgliedern 9 für die Aufnahme des Bürgerrechts und 9 dagegen sich ausgesprochen haben. Hinzu kamen Stimmen des Gemeinderats u. kl. Bürgerausschusses:

            dafür:             2                     zus.:   11

            dagegen:       5                     zus.:   14

            Es ergeben sich also gegen die Aufnahme drei Stimmen mehr, als für dieselbe, daher ergeht

                                                          

Beschluss

Es sei das Gesuch des Fidel Gantert um die Bürgeraufnahme zu verwerfen.

 

                                                                                   Birkendorf, den 14. Sept. 1860

                                                                                   Bürgermeisteramt 

                                                                                               

 

 

 

Bekanntmachung

 

Auf nächsten Freitag den 14 ten September d.J. werden die sämtlichen Mitglieder des großen Bürgerausschusses Morgens 6 Uhr dahier auf das Rathaus vorgeladen

 

Birkendorf, den 12 ten September 1860

                                               Bürgermeisteramt

                                                           Kistler

 

 

 

 

 

 

                                                                       Die Wiedereinsetzung des F. Gantert von                                                                             Birkendorf ins Staats- u. Ortsbürgerrecht                                                                            betreffend

 

Auf die gefällige Mitteilung vom 14ten dieses N° 13401 bitte ich mir Akten-Einsicht zu gestatten, behufs der Recursausführung an Ghz. Staats-Ministerium, wo ich dann den Widerspruch der Gemeindebehörden mit ihrer amtlich notorisch traurigen Gemeindeverwaltung als deren erster Gegner ich dastehe, auf den wahren Ursprung zurückführen werde, nämlich auf das Comando des schon 2 mal abgesetzten Gemeindsrechners und einmal abgesetzten Zehentrechners Herrn Raimund Keßler, der – viel stärker an der Revolution, als ich, beteiligt – wenn gleich glücklich straflos geblieben – nun schon einer Reihe von Jahren als Flügelmann der Ultramontanen (d.i. der Unduldsamen) seine Rolle spielt.

 

                                   Birkendorf, 18. Octob:1860

                                                                                              F. Gantert

 

[ Ultramontan = romtreuer, polischer Katholizismus ]

 

Bonndorf, 20. October 1860 :   Akteneinsicht gestattet!

 

 

 

[ Birkendorf 13. Nov.1860 ]

Großherzogliches Staatsministerium

 

                                                                       Recursbeschwerde des

                                                                       Fidel Gantert in Birkendorf

                                                                       dessen Wiedereinsetzung ins

                                                                       Staats- und Ortsbürgerrecht

                                                                                                                      betreffend

 

            Meiner Anmeldung vom 18ten v. Monats gemäß und nachdem ich Akten-Einsicht genommen, führe ich die Berufungsbeschwerde in folgendem ehrebietigsten Vortrage aus.

            Sollte die Einhaltung einer Recursionsfrist auch in vorliegendem Falle in Betracht genommen werden, so bitte ich gegen allfällige Verfallerklärung um hohe Nachsicht und Wiederherstellung, da ich nicht eher Akten-Einsicht nehmen konnte, bis ich die Erlaubnis hierzu in Händen hielt.

            Das mir bereits mit der Verfügung N13666 mit der Bezeichnung A.S. in den Akten eingeräumte Armenrecht nehme ich selbstverständlich auch für Gegenwärtiges in Anspruch, zumal bei der wieder eingetretenen Teuerung aller Lebensmittel, bei welcher ich für Stempelpapier und Sporteln nichts erübrigen kann, sondern mit banger Sorge wieder mit allen Armen der wachsenden Teuerung entgegenblicken muss unter der diesjährigen Missernte fast aller Produkte zum Leben.

 

3

 

            Beklagen muss ich vordersamt, dass mir nur teilweise Akten-Einsicht gestattet und das mir zu dieser Ausführung am wichtigsten Scheinende – die amtlichen Berichte – vorenthalten wurden, während letztere doch ganz natürlich sich auf mein Gesuch vom 24 Juni d.J. beziehen. Unter den neuen Regierungsprinzipien, welche auch mir das in diesem Gesuch ausgesprochene Vertrauen einflößten, glaubte ich, ein unbedingt offenes Verfahren gegen mich ansprechen zu dürfen.

 

4

 

            Mein vertrauensvollstes Bittgesuch vom 24. Juni d.J. ging von der festen Überzeugung aus, es sei hoher Regierung ganzer Ernst, die Jahre 1848 & 1849 der Vergessenheit zu übergeben und die allerhöchsten Worte

                                   „dass das Recht im Großherzogtum nach

                                   allen Seiten Geltung erlangen müsste“-

in ausnahmslose Erfüllung zu bringen.

            indem ich diese Rechtfertiungsbeschwerde niederschreibe, stehe ich noch auf diesem Glauben, sonst würde ich die Feder niederlegen und die seit meiner Entlassung aus dem Zuchthause (1851) bis heute erlittenen Fortbestrafung durch Entziehung des Bürgerrechts und Bürgernutzens auch noch länger mit stillem tiefen Schmerz erdulden.

            Wie sollte mich also die Entschließung Ghz. Ministeriums des Innern vom 2. v-M- N10885, die mich plötzlich wieder in die höchsttraurige Lage zurückweist, aus welcher endlich erlöst zu werden, ich so viel gegründete Hoffnung haben durfte, besonders wenn erwogen wird, dass mein Bürgerrechtsverlust nur eine faktische Maßregel gegen mich ist, was meine Klage gegen Amtmann Ganter aus Bonndorf, Herausgabe meiner Aktenbeschwerde gegen die Bürgerrechtsverlustigkeiterklärung betreffend, bündig nachweist, welche Akten bei Ghz. Hofgericht Constanz beruhen: wenn erwogen wird, sage ich, dass man die Strafe der Entziehung des Bürgernutzens als ein Ausfluss meiner Strafe gegen den klaren Buchstaben des Gemeindegesetzes, das einer Ehefrau eines bürgerlich Toten in aller Beziehung wie eine Witwe behandelt wissen will, selbst auf meine Ehefrau angewendet hat, ohne dass ihr bisher Schutz und Hilfe gegen diese alles Menschengefühl verlängernde widerrechtliche Behandlung zu Teil wurde.

            soll es nun wirklich die Staatsweisheit erheischen, sich mit dem Zuchthause und meiner seitherigen Nachbestrafung und sonstiger teils harten, teils widerrechtlichen Behandlung auch jetzt noch nicht begnügen zu können, sondern das Andenken von 1849 auch noch länger in mir und halb in meiner jedenfalls unschuldig und also höchst ungerecht mitbestraften Ehefrau fortleben zu lassen?

 

oder

 

soll es denkbar sein, dass die Erfüllung eines hochherzigen Staatsaktes an dem Widerstande einer Gemeindebehörde scheitern kann?

            Soll – angenommen es wäre mit meiner Bürgerrechtsverlustigkeitserklärung auch alles in rechtlicher Ordnung, was aber nicht der Fall ist, - soll eine Staatsregierung nicht lösen können, was sie gebunden, ohne Genehmigung der Gemeindebehörde zu Birkendorf?!- Eine solche Annahme wäre doch wahrlich eine gar zu auffallende, nur zu denken, um nicht mehr zu sagen.

 

5

 

Untersucht man aber dazu noch die Gründe, welche einen Teil der hiesigen Gemeindebehörde bei seiner Weigerung leiten, so wäre es vollends eine Beleidigung der Hohen Regierung, zu glauben, hochdieselbe hätte sich von so unlauteren Absichten, wie sie obiger Weigerung zu Gemeindebürgern bestimmen.

            Es ist Ghz. Bez. Amts selbst sehr wohl bekannt, in welch beklagenswertem Zustande die hiesige Gemeindeverwaltung sich befindet, und dieselbe zu fürchten hat, dass zu den bereits offenen Schäden noch bisher verdeckt gehaltene schwere Sünden das Tageslicht erblicken. Darum äußerte einer meiner Gegner (Gemeinderat Josef Kaiser) bei der Abstimmungsversammlung über mich Bedenken

            „ich würde mich bei meiner Reaktivierung in die Gemeindeangelegenheiten

            einmischen und oft „Unfrieden machen wollen.“

Stellt man diese Befürchtung anderseits das anliegende Originalzeugnis des Gemeinderats über mich gegenüber, so muss doch jedermann einleuchten, dass der jetzige Widerstand eines Teils der Gemeindebehörde ein sehr unlauterer sein müsste.

            Bis zu dem Zeitpunkt, wo die gesetzwidrige Privatspekulation meiner Gegner die auf die Gemeindekasse in Frage der willkürlichen Holzabtretung nachgerade zu bunt getrieben und ich von vielen Bürgern zu Rat gezogen wurde, - Stund ich auch bei demjenigen Teile Gemeindebehörde, die heute wieder meine Feinde sind, weil es sich itzt um Rückerstattung des der Gemeindekasse widerrechtlich Genommenen handelt, ziemlich in Gnaden, so dass man mitunter meinen Beistand auf der Gemeinderatsschreibstube ansprach, wo man auf dem geraden Weg wandelte, wohl wissend, dass meine Feder sich nicht durch dick und dünn für alles brauchen lässt.

            So ich mich aber die Befriedigung des Eigennutzes auf Kosten der Gemeindekasse mit meinem Rat entgegenstemmte, da ich selbst auch als Steuerzahlender darunter leiden musste und der Gemeindekasse schon eine Reihe von Jahren auf diese Weise bedeutend, jetzt wieder rückzuersetzende Summen entgingen; so wahr ich auch die besessene Gunst derjenigen Mitglieder der Gemeindebehörden, welche durch jedenfalls nicht Vertrauen erweckende Strichlein, statt Namenbeisetzung, ihre Stimme gegen mich führten. Es sind dies die Stimmen, welche einschließlich des Bürgermeisters, unter der Supremation des Raimund Keßler stehen, der zunächst die Folgen zu fürchten haben dürfte, wenn die Herculesarbeit mit dem Augias-Stalle dahier vor sich ginge.

 

6

 

Meine der Ortsbereisungsbehörde am 28ten dieses (?) dahier übergebenen Beschwerden erkläre ich, um Wiederholungen zum Einblick in die hiesigen Verhältnisse zu vermeiden, als Bestandteil gegenwärtiger Beschwerde, indem ich zu jedem Punkt derselben auch heute noch beweisgerüstet stehe.

            eine Anzahl noch anderer Bürger, die, gedrängt durch rückständige Feldarbeiten aller Art und weil sie vorher noch einer Beratung mitsammen pflogen, sich erst gegen Mittag mit ihren nicht minder gewichtigen Beschwerden gegen das hiesige Gemeinderegiment bei der Ortsreisebehörde einfinden wollten, kamen zu spät, indem ihnen einer die Nachricht entgegenbrachte, es sei schon alles aus und fertig.

            Ich erwähne dessen nur, um zu zeigen, dass ich nicht der einzige Beschwerdenführer bin.

            Nur den Punkt habe ich in meinen Ortsbereisungsbeschwerden übergangen in der Eile, da ich sie am gleichen Morgen noch niederschrieb, dass Raimund Keßler nebst den anderen geforderten Rechnungsverantwortungen auch noch über die Spekulationen mit dem Ankauf von Gewehren und Tornistern in der Schweiz auf Gemeindekosten Anno 1848 ich glaubwürdig verantworten  solle.

 

 

7

            Nach einer mündlichen Eröffnung des Bezirksamts bei der Akten-Einsicht hat diese Behörde höheren Orts auf meine Wiedereinsetzung in Bürgerrecht angetragen. Wenn dem so ist, so darf ich auch annehmen, dass Ghz. Bez. Amt mein Verhalten entsprechend gefunden habe.

            man ist an mir nicht gewohnt heuchlerische Huldigungen zu vernehmen,, sowenig als ich mich ja herbeilassen werde, meinen Gegnern dahier abzuschmeicheln, was mir und meiner Ehefrau von Rechtswegen gebührt: als aber unser durchlauchtigster Landesherr das Morgenrot einer besseren Zukunft über das Land Baden aufgehen ließ, so begrüßte auch ich – der geringste seiner Untertanen – in der Eröffnungsrede am hiesigen Hebelfeste aus dem Innersten meines Herzens dem Landesvater als den edelsten Herrscher eines befreiten Volkes dar da Freiheit und Gerechtigkeit als Symbol der Zukunft aufrichtete und so das Fürstenrecht mit dem Volksrecht verschmolz.

            Und dies alles soll jetzt nur ein Fantasiebild für mich gewesen sein, und ich und meine Familie sollen nach dem Willen der hiesigen Gemeindebehörde nach wie vor unter dem Druck des Unrechts und unmenschlicher Herzlosigkeit darben und schmachten? Und in der Hand einer so kranken Gemeindebehörde, wie die hiesige soll es gelegen sein, die hochherzigen Absichten einer weisen Regierung zu vereiteln.

            Ganz anders wäre die Sache anzusehen, wenn gegen meine Restituierung wirklich Bedenken vorlägen; allein gar nichts anderes als dass ich mit der Willkürherrschaft der hiesigen Gemeindeverwaltung in Opposition stehe und den dadurch gedrückten Bürgern, wenn sie zu mir kommen, Rat und Hilfe gewähre.

            Von der unerhörten Ungerechtigkeit des Ausschlusses von der Waldteilung im Jahre 1949 will ich, als direkt nicht hierher gehörig, gar nicht reden; besonders, da noch unerledigte Beschwerden von mir und meiner Ehefrau hierüber vor hoher Ier

Kammer beruhen. Es liegt eben tief in der unmenschlichen Natur, nicht zu ruhen, bis einem sein gutes Recht gewährt ist – meines Erachtens das Mindeste, was ein Staatsangehöriger nur begreifen kann.

            Der besseren Überzeugung gewiss nicht unzugänglich würde ich mich im Gegenteil um zur inneren Beruhigung zu gelangen, glücklich preisen, wenn einer mit dem Gesetzbuch in der Hand im Stande wäre, mich zu belehren, dass ich im Unrecht bin; das hat aber noch keine Behörde von denen ich hierwegen angehen musste, getan. Noch weniger gelang das einer Behörde, weil es nach dem Anspruche jedes unbefangenen Rechtsverständigen eine rechtliche Unmöglichkeit ist. Ich bat sogar einmal eine Behörde um die Gründe ihrer Entscheidung, aber ohne Antwort darauf zu erhalten.

So schreite ich nun zum Schlusse meiner ehrerbietigsten Rekursausführung und bauend auf die S2 schon ausgeführten allerhöchsten Worte des ................ Landesfürsten.

bitte ich:

Höchstgerechtes Staatsministerium wolle die h. Ministerialverfügung v. 2. v-M N° 10885 dahin abändern, dass meine Gesuche vom 24. Juni d.J. zu willfahren sei.

            Das vorgelegte Originalzeugnis mir nach bezirksamtlicher Einsicht wieder zurückerbittend, füge ich unten eine wörtliche Abschrift bei.

 

                                                           Birkendorf, 3. März 1860

                                                                       Fidel Gantert

 

 

 

Abschrift

 

Zeugnis

 

Zum Behufe oder Bewerbung um die Städtische Ratschreiberstelle zu Schönau wird dem Fidel Gantert von hier das nachfolgende Zeugnis erteilt:
            Derselbe gilt in hiesiger Gegend als ein in Schriftsachen sehr gut unterrichteter Mann, wovon der unterzeichnete Gemeinderat hinlänglich überzeugt ist; ebenso hat er einen sehr guten Leumund und führt dabei einen nüchternen häuslichen und arbeitsliebenden Lebenswandel, wobei zu erwarten ist, dass er die Pflichten eines Ratschreibers in jeder Beziehung nachkommen wird, weshalb sich eine Gemeindebehörde ohne alle Besorgnisse mit voller Beruhigung ihm vertrauen kann

 

                                                                       Birkendorf, 27. November 1857

                                                                                  Der Gemeinderat

                                                                                  

 

 

 

Abschrift

 

Ministerium des Innern

Carlsruhe, 30. Januar 1861

 

An die Regierung des Seekreises.

Seine königliche Hoheit Großhz. haben mit höchster Entscheidung aus Ghz. Staatsministerium vom 25 d. M. N°45 die Recursionsbeschwerde des Fidel Gantert von Birkendorf gegen die diesseitige Verfügung vom 2. Oktober v.J. N° 10885 nach dem Antrage höchste ihres Staatsministerium zu verwerfen, das Ministerium jedoch zu ermächtigen geruht, demselben eröffnen zu lassen, dass der Wiederverleihung des Staatsbürgerrechtes an ihn nichts im Wege stehe, sobald von Seiten der Gemeinde Birkendorf ihm das Ortsbürgerrecht wieder eingeräumt werde.

            Die Ghz. Kreis Regierung wird hiervon unter Rücksendung der Beilagen ihres Berichts vom 13. November v.J. N° 15643 zur Besorgung das Ministerium in Kenntnis gesetzt.

                                                                       A.A.d.

 

 

 

 

Ghz. Bez. Amt

 

                                                                       Die Wiedereinsetzung des Fidel Gantert

                                                                       von Birkendorf ins Staatsbürgerrercht  

                                                                                                                                             betr.

 

Mit Bezug auf die mir mit Beschluss vom 11. Feb d.J. N° 2484 eröffnete höchste Staatsminiterialentschließung und den hierauf am 15ten Juli d.J. von der hiesigen Gemeindebehörde an Wohldasselbe erstatteten Bericht über meine nun erfolgte Wiedereinset6zung ins Ortsbürgerrecht dahier: erlaube ich mir um Auskunft höflich zu bitten, ob meiner Wiedereinsetzung ins Staatsbürgerrecht, da mir seither nichts mehr hierüber zugegangen, etwa auch noch Hindernisse im Wege stehen.

 

                                               Birkendorf, den 18. Sept 1861

                                                            F. Gantert

 

 

 

 

                                               Bonndorf, den 19. Sept 1861

 

Beschluss

 

Dem Fidel Gantert in Birkendorf wird auf seiner Eingabe vom 18ten d.M. eröffnet, dass vom Gemeinderat in Birkendorf kein Bericht zu dem von ihm angedeuteten Reue dahier angekommen ist. Sobald übrigens der Gemeinderat mit Zustimmung des großen Bürgerausschusses dem Fidel Gantert das Ortsbürgerrecht wieder verleiht hat, wird auch die Erteilung des Staatsbürgerrechts höheren Ortes keinem Anstand unterliegen.

                                                           Ghz. Bez. Amt

 

 

 

 

Ghz. Bez. Amt

                                                           Die Wiedereinsetzung des Fidel Gantert

                                                           von hier ins Ortsbürgerrecht  betr.

 

Wohldemselben haben wir die Ehre anzuzeigen, dass dem Obgenannten das durch Teilnahme an der Revolution von 1849 verlorene Ortsbürgerrecht durch Beschluss des Gemeinderats und kleinen Ausschusses vom 15. Juli d.J. wieder verliehen worden ist.

            Da derselbe ohnehin hier geboren und der Sohn hiesiger Bürgersleute ist, so hielten wir die Mitwirkung des Gemeinderats und kleinem Bürgerausschusses für genügend.

 

                                                           Birkendorf, den 24. September 1861

 

                                                                                  Kaiser

 

 

Ghz. Bez. Amt verlangt den „großen Ausschuß“ in 14 Tagen!

 

 

 

 

Geschehen Birkendorf am 9. November 1861

vor versammeltem großen Ausschusse

 

                                               Die Wiedereinsetzung des Fidel Gantert

                                               von Birkendorf ins Ortsbürgerrecht     betr.

 

 

            Nachdem vom Gemeinderat und kleinem Ausschuß in der Sitzung vom

15. Juli d.J. einstimmig beschlossen worden, es sei dem Fidel Gantert das Ortsbürgerrecht wieder zu erteilen, hierzu aber die Zustimmung des großen Bürgerausschusses erforderlich ist, so hat man zu dieser Versammlung auf heute Tagfahrt anberaumt, und die Mitglieder des großen Ausschusses durch besonderes Umsagen durch den Ortsdiener vorladen lassen. In Folge dessen sind in der heutigen Versammlung von den 28 stimmberechtigten Mitgliedern 21 erschienen. Es ist daher die zur Fassung eines Beschlusses über den vorliegenden Gegenstand nötige Zahl versammelt. Der Bürgermeister eröffnete sofort die Beratung über den Gegenstand. Nachdem die Sache hinreichend erörtert war, wurde die Beratung  geschlossen und folgende Frage zur Abstimmung gebracht:

                        Soll dem Fidel Gantert das Ortsbürgerrecht

                        wieder erteilt werden oder nicht?

 

                                   ja                                            nein

                        21 Bürger haben                            keiner

                        unterschrieben

 

Nach Beendigung der Abstimmung wurden die abgegebenen Stimmen zusammengezählt. Es hat sich dadurch ergeben, dass von den erschienenen 21 Mitgliedern 21 sich dafür ausgesprochen haben.

Es ist sohin Beschluss des großen Ausschusses:

 

            Es sei Fidel Gantert wieder in

            das Bürgerrecht einzusetzen.

 

Man hat nun das Ergebnis durch Vorlesen des Protokolls sämtlich anwesenden Mitgliedern bekannt gemacht  und nachdem von keiner Seite Einsprüche dagegen erhoben wurden, solches geschlossen

 

Geschehen wie oben

 

Der Bürgermeister              Der Gemeinderat                Der Obmann des Ausschusses

            Kaiser                                               Schnitzer                              Tobias Albrecht

 

Ratschreiber Kromer

 

 

 

 

 

                                                                                  Bonndorf, 11. November 1861

 

                                                                                  Die Bitte des Fidel Gantert von

                                                                                  Birkendorf um Wiederverleihung

                                                                                  des Staatsbürgerrechts      betr.

 

Beschluss

Ghz. Bez. Regierung

 

            Nach einem Erlasse Ghz. Ministeriums des Innern vom 30. Januar 1661 mitgeteilt durch Entschließung Ghz. Kreisregierung vom 5 Februar N°2000 haben Seine Königliche Hoheit der Großherzog mit höchster Entschließung aus Ghz. Staats-ministerium vom 25 Jänner d.J. des Ghz. Ministeriums des Innern zu ermächtigen geruht, dem Fidel Gantert eröffnen zu lassen, dass der Wiederverleihung  des Staatsbürgerrechts an ihn nichts mehr im Wege stehe, sobald von Seiten der Gemeinde Birkendorf ihm das Ortsbürgerrecht wieder eingeräumt wurde.

            Mit dem 15. Juni d.J. hat der Gemeinderat und kleiner Bürgerschaft v. Birkendorf dem Gantert das Ortsbürgerrecht wieder verliehen und der große Ausschuss hat mit dem 9. Nov. diesen Beschluss genehmigt.

            Wir legen deshalb mit den betr. Akten mit dem Antrage vor, es wolle die Wiederverleihung der Staatsbürgerrechte an Fidel Gantert höheren Orts

................. werden.

                                                           ghz. Bez. Amt

 

 

 

 

Abschrift

 

                                   Ministerium des Innern

                                   Carlsruhe, den 2. Dezember 1861

 

N° 12062                   /: Betreff wie vor.... :/

 

Der Regierung des Seekreises und auf ihren Bericht vom 19. v.M. N° 15048 unter Rückgabe der Beilagen obigen Berichts zur weiteren Eröffnung erwidert, dass den Fidel Gantert von Birkendorf das ihm entzogene Staatsbürgerrecht wieder verliehen werde, vorbehaltlich jedoch der erneuerten Leistung des Eides der Treue, und mit dem Anfügen, dass die Folgen der erlittenen Zuchthausstrafe damit nicht erlassen seien da der Bittsteller in dieser Beziehung sich an das Ghz. Justiz  Ministerium zu wenden habe.

 

                                                                       A. A. d. Pr.

 

                                                                       gez. Fröhlich

                                                           Justiz – Ministerium

 

 

                                                                       Bonndorf, den 7. Januar 1862

 

Beschluss

 

Bericht an Ghz. Justizministerium

 

            Zur Erledigung des Erlasses vom 30ten v. M. N°7882 beruhen wir uns zu berichten, dass Fidel Gantert seit seiner Entlassung aus der Strafanstalt wegen unbefugtem Schriften Verfassen mehrere Male, und auch einmal wegen ungeeigneten Äußerungen gegen den vormaligen Vorstand dieses Bezirksamtes, dem Oberamtsrichter Ganter in Überlingen polizeilich bestraft worden ist. Seit seiner letzten Bestrafung sind übrigens bereits mehrere Jahre verflossen.

            Was sein Verhalten im Allgemeinen anbelangt, so ist Gantert von der Ansicht befangen, dass er ein mit Kenntnissen und Erfahrungen ausgestatteter Mann sei, welcher überall wo es Not tue, seinen Mitbürgern mit Rat und Tat zur Seite stehen müsse, und insbesondere auch berufen sei, öffentliche Missstände soweit es in seiner Gewalt liege, Abhilfe zu verschaffen. Diese bei ihm gleichsam zur fixen Idee gewordenen Ansicht, welche durchaus keine Grundlagen hat, da Gantert außer einiger Schreibfertigkeit nichts besitzt, was ihn zu einem Mann von oben bezeichneten Eigenschaften qualifizieren könnte, woran letzl. derselbe häufig ohne um zu kümmern, Interesse zu Eingaben Beschwerden in privaten und öffentlichen Angelegenheiten an alle möglichen Stellen in Sachen, die ihn durchaus nicht berühren und die zeitweise sich dermaßen häufen, dass man ihn eine wahre Last der Bezirksbehörden nennen kann.

            Bezüglich der Politik dürfte er nach unserem Dafürhalten seine früheren Ansichten nicht geändert haben, obgleich sich nicht behaupten lässt, dass er solche in irgend einer Weise offen zu Tage lege.

            Nach allem dürfte das Verhalten des Gantert allgemein nicht als ein ganz gutes bezeichnet werden ........................  ............... Anstand auf die Wiederaufhebung der Folgen des Zuchthausstrafe anzutragen, der Einfluß dieses Mannes in seiner Gemeinde und auch überhaupt im Bezirk gering ist, dass diese Wiederaufhebung in keiner Weise nachteilige Folgen für die öffentlichen Zustände haben wird.

                                                           Ghz. Bez. Amt

                                                           Unterschrift

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                         Geschehen Bonndorf, den 9. Januar 1862

                                   der Ladung gemäß erscheint heute

                                   Fidel Gantert von Birkendorf

 

Huldigungseid:           Ich schwöre Treue dem Großherzog Friedrich von Baden

                                   und der Verfassung, gehorsam dem Gesetze

                                    und des Fürsten, wie des Vaterlandes Wohl nach

                                   Kräften zu befördern, so wahr mir Gott helfe.

 

                                                                                  U.v.U.

                                                                                  Fidel Gantert