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Ita von Sachsen und Birkendorf

Die älteste Erwähnung  von Birkendorf in Urkunden

 

Das Wissen um die „rätselhafte Ita von Birkendorf“ hat Helmut Maurer, Historiker und Archivar aus Konstanz in hervorrragender Weise in einem Artikel zusammengefasst, den er für die Festschrift „900 Jahre Birkendorf“ geschrieben hat (S.6-13) In acht anspruchsvollen Seiten zeigt uns Maurer die Bedeutung des Hochadels im 11. Jh für unsere Region.

Zwei Urkunden bringen und Licht in die damalige Zeit. Die eine hat mit dem Kloster St. Blasien zu tun, die andere mit Allerheiligen.

1. Die Schluchseeschenkung

‚Am 8. Januar 1125 bestätigte Kaiser Heinrich V. zu Straßburg dem Kloster St. Blasien , dass Rudolf von Rheinfelden, Graf Otto und dessen Sohn Graf Friedrich, (aus dem bayrischen Hause der Grafen von Dießen-Andechs), Graf Egbert von Sachsen, Ita von Sachsen und Birkendorf (=Ita de Saxonia et de Bircdorf), Tuto von Wagenhausen und Hezelo, Vogt des Inselklosters Reichenau zu ihrem Seelenheil das Besitztum „Schluchsee“(dem Kloster St. Blasien) übereignet hätten“.1)

Schenkung

Die großzügige Schenkung  an das Albkloster hat zwischen 1071 und 1077 stattgefunden. Diese Mitglieder adliger Familien, die auch außerhalb Alemanniens zu Hause waren wohl eine Erbengemeinschaft, die ihren Besitz „Kuno von Öhningen“, der niemand anders war, als „Herzog Konrad I. von Schwaben (992-997)“

Warum läßt sich St. Blasien diese Schenkung fünfzig Jahre später noch einmal vom Kaiser bestätigen? In einer Urkunde Papst Urbans II. aus dem Jahre 1095 meldet Allerheiligen Ansprüche auf das Gebiet um den Schluchsee und Teile westlich der Schwarze an, die bis an die Alb reichen sollten. Diese Ansprüche sollen aus Nellenburger Schenkungen an Allerheiligenherrühren.

Man sieht, nordwestlich von Birkendorf verzahnen sich die Besitztümer zweier Adelsgruppen: die der Nellenburger und die der Erben des Kuno von Öhningen. Sie waren durch einen Vorgang mit Ita von Birkendorf verbunden.

 

        Bestätigung der Schluchseeschenkung von 1072

schluchseeschenkung-lat

        ____________________________________________________________________________________________________

        Fürstenbergisches Urkundenbuch, Tübingen 1885, Bd 5, S.53, Nr. 87

        Uni-Bibliothek FR  KG iV Historisches Seminar, frei 31b G 3025-5       

 

 

Übersetzung der lateinischen Schluchseeschenkung

Heinrich V., Herzog Rudolf von Rheinfelden und Graf Otto und dessen Sohn Friedrich, Graf Ekbert von Sachsen, Ida von Sachsen und Birkendorf, Tuto von Wagenhausen und Vogt Hezelo von der Reichenau haben mit gemeinsamem Gelöbnis ein gewisses Gut Schluchsee zu ihrem Seelenheil dem heiligen Blasius und den dort Gott auf ewig dienenden Brüdern zu Eigentum übertragen mit dem ganzen Recht und Nutzen, durch den sie selbst dies besessen hatten: gleichwie die Schwarza vom Schluchsee herabläuft und von da bis zu Staufen, wo der Fustenbach entspringt, und der untere Fustenbach bis zum Gewässer Mettma, weiter von der Mettma oberhalb, was Steina heißt, bis zu dem Ort, wo der Bizenbrunnen entspringt, von da bis nach Fischbach und von da bis zum Ort, der Satelbogo heißt, und von da bis zum Bildstein und von da bis zum Berg Feldberg, wo die Alb entspringt.

Zur Reichenauer Kirche gehörte ein gewisser Teil des Gebiets dieses Gutes, den der Vogt Hezelo dieser Kirche frei gegen sein Gut Reutäcker bei Ostrach mit dem heiligen Blasius getauscht hatte, während Markward von Allmansdorf, Berthold von Litzelstetten und Burchard von Beringen dies unterstützten und durch Eid versicherten, dass jener Tausch, der getätigt wurde an der Singener Brücke in Gegenwart des Abtes Ekkehard von Reichenau und des Herzogs Berthold und von deren freien und ministerialischen Leuten und von vielen anderen, die bei dem besagten Tausch unterstützend zusammenkamen, mehr der Reichenauer Kirche nütze als schade. Die besagten Schwörenden waren aus der Dorfgemeinschaft der Reichenauer Kirche.

Wir bestätigen also das besagte Gut Schluchsee, das der schon genannte Herzog Rudolf und die anderen vorgenannten Adligen dem heiligen Blasius und den Brüdern dieses Ortes schenkten, ebenso jenen Teil, den der oben genannte Hezelo durch den schon benannten Tausch erwarb und der Kirche des heiligen Blasius übertrug und rechtmäßig zuwies, und versichern mit allem vorbenannten Zubehör dieses Gutes.

Und wir haben für das Heil unserer Seele und der unserer Eltern befohlen, dass das vorliegende Schriftstück aufgesetzt wird; und damit die Brüder der besagten Kirche dieses Gut Schluchsee freier besitzen, haben wir veranlasst, an diese durch eigene Hand gekennzeichnete das eigene Siegel zu hängen an dem Tag, an dem wir für den Abt Rustenus des heiligen Blasius und dessen Brüder die freie Auswahl des zu wählenden Vogtes durch unseren Rat anerkannten und das Privileg, das sie dazu erlangten, ausgaben. Anwesend waren aber bei der Übergabe dieses Privilegs: Erzbischof Anser von Besancon, Bischof Ulrich von Konstanz mit den übrigen Bischöfen, auch Herzog Friedrich und Pfalzgraf Gottfried und andere Fürsten, die dabei waren, als wir das andere Privileg dem Abt Rustenus und seinen Mitbrüdern des heiligen Blasius zur Erlangung der Freiheit und der Vogtwahl gewährt haben.

Verhandelt wurde dies im Jahr 1125, Indiktion 3; an den 6. Iden des Januar.

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1125, Bestätigung der Schluchseeschenkung  von 1072

Übersetzung von Alexander Puzik, Bad Krozingen

 

 

Rueger

2. Die Schenkung von Grafenhausen

Die zweite Urkunde existiert nicht mehr. Ihr Inhalt wurde aber von dem Schaffhauser Chronisten „Johann Jakob Rueger“ 2) inhaltlich überliefert, als er im Auftrag der Stadt in den Jahren 1596-1599 ein Verzeichnis von Klosterurkunden erstellte. Rueger hatte die Urkunde noch gekannt.

 

Rueger berichtete den Inhalt der Urkunde. Danach hat „Ita von Birkendorf“ dem Kloster Allerheiligen im Jahre 1085 einen zu Grafenhausen gelegenen Hof mit dem Zehnten geschenkt, der vorher einer schon nicht mehr existierenden Pfarrei „Engelrameßried“ zugehört hatte. Da dadurch die Pfarrei Birkendorf betroffen wurde, entschädigte sie diese mit einem Gut in Untermettingen.

- Die Pfarrei Engelrameßried wird Riedern am Wald gewesen sein. Sie war wohl die für das ganze Oberland zuständig, bevor die Pfarrei Birkendorf  entstand. Die Pfarrei Riedern am Wald reichte noch in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts bis nach Mettenberg. –

Durch diese Schenkungen erfahren wir einiges über Ita von Birkendorf. Sie gehörte dem Hochadel an, der es sich leisten konnte die Schluchseeschenkung zu tätigen und sie hatte Besitz in Grafenhausen und Mettingen. Sie kümmert sich um das Wohl der Kirche von Birkendorf und benennt sich nach dem Ort. Nach Maurer war sie etwa 10 Jahre hier sesshaft. Von einer Familie von Birkendorf ist später nie die Rede, mit Ausnahme der niederadligen Herren von Birkendorf.

Wer war Ita von Birkendorf nun wirklich? Wer könnte sie gewesen sein?  Nur einmal, in der Schluchseeschenkung, findet man die Zusatzbezeichnung „von Sachsen“ auf. Gemeint ist das heutige Niedersachsen.

In der Chronik des Albert von Stade taucht die Notiz auf, dass im 11. Jh. Im heutigen Elsdorf, Kreis Bremervörde, eine adlige, aus Schwaben gebürtige Frau gelebt habe, verwandt mit dem Kaiser und dem Papst!

Fasst man das Wissen über Ita von Sachsen und Birkendorf zusammen, so ergibt sich folgendes Bild:

Kaiser Heinrichs III.  - Bruder                        Schwester - Papst Leo IX.

   (1039-1056)                   !                                      !            (1048 – 1054)

                                   Vater von Ita              Mutter von Ita

                                                            Ita

 

Oder: Ita hat den Kaiser und den Papst zum Onkel!

Eine Tochter Itas, Oda heiratet den König der Rugier, den König von Rußland.

 

Weitere Beziehungen oder Verwandschaften tauchen allenthalben auf:

Zu den Nellenburgern stand Ita von Birkendorf in einem verwandschaftlichen Verhältnis. Eberhard von Nellenburg, ließ sich 1045 von Kaiser Heinrich III. für Schaffhausen das Münzrecht verleihen.  Er stiftete 1049 das Kloster Allerheiligen.  1065 ließ er von Papst Leo IX. einen Altar weihen. 3)

Die Nellenburger gründeten etwa 10 Jahre nach Itas Stiftung in Grafenhausen das Filialklösterchen St.Fides.

Nach Helmut Maurer, der in seinem Artikel in der Birkendorfer Festschrift, viel detaillierter auf das Geschehen eingeht, stammen die Beteiligten der Schluchseeschenkung, also auch Ita, von Herzog von Schwaben ab, dem Kuno von Öhningen, und sind auch mit den Nellenburgern verwandt.

Die Mutter Itas sei Gertrud aus dem Hause der elsäßischen Grafen von Eguisheim. – Papst Leo IX. ist ebenfalls aus Eguisheim.

Weitere interessante Fakten die irgendwie immer wieder mit Ita  zusammenhängen können, finden sich noch:

Das Kloster Ottmarsheim im Elsaß verfügte im 13. Jahrhundert in Seewangen und Igelschlatt über Vogteirechte und hatte noch im Jahre 1467 das Präsentationsrecht für die Birkendorfer Pfarrkirche St. Margareta.

Im Niedersächsischen Elsdorf gibt es eine Kirche „Allerheiligen“, wie in Schaffhausen; Hildegard von Eguisheim gründete in Schlettstadt ein Kloster „St. Fides“, wie in Grafenhausen.

Und, zum Kloster St.Blasien: Kaiser Otto II. war mit Konrad I. von Schwaben verwandt, dem Stammvater der Schluchsee-Stifter-Familie. Also der Hochadel ist auf allen Ebenen miteinander verbandelt!

 

 

 

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1)         Helmut Maurer, Festschrift „900 Jahre Birkendorf, 1985

2)         Johann Jakob Rueger, Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen, 1973

3)         Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen, 1973, Vorwort