Die Pfluger - Teil 2

Der Gurtweiler Kirchenführer führt uns weiter bergauf nach

Waldkirch: Pfarrkirche Maria Himmelfahrt

 

 

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„Am 26. März 1761 wurde mit Lorenz Pflüger, „Meister-schreiner“ zu Birkendorf, ein Vertrag abgeschlossen wegen Verfertigung des Hochaltars und der Kanzel. Er hat nach den mit dem Siegel der  Aebtissin versehenen Rissen innerhalb 1½ Jahren die Arbeit gut, säuberlich und meisterhaft zu verfertigen. Er erhält für den Hochaltar 200 Gulden und für die Kanzel 75 Gulden, für Wohnung und Zehrung bei der Aufrichtung bekommt er als Zugabe 9 Gulden.

 

 

Kanzelfiguren Waldk.

 

Der Fuhrlohn von Birkendorf nach Waldkirch, das not-wendige Gerüst und das erforderliche Eisen wird besonders bezahlt. An dem Kanzelriss ist abzuändern, dass er anstatt der Stiege ein Gängle zu machen hat.“

 

[Jakob Ebner, Geschichte der Ortschaften der Pfarrei Waldkirch, 1933]

 

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Dillendorf:

Ein weiterer Hinweis aus dem Gurtweiler Kirchenführer hat uns in die frisch renovierte Dillendorfer Pfarrkirche geführt, von der es heißt, dass auch ihre Altäre und Kanzeln von Lorenz Pfluger gestaltet wurden. Die Glaserarbeiten wurden von Konrad Pfluger ausgeführt.   

 

[Booz]

 

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Kanzel in Dillendorf

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Putte in Dillendorf

 

 

 

Kleiner Exkurs über die Pfluger-Kanzeln:

Wer die Kanzeln der Kirchen von Todtmoos, Waldkirch und Dillendorf stellt eine verblüffende Ähnlichkeit fest: Sie haben alle eine aufwendige Krone und einen Pinienzapfen am unteren Ende. Dies hilft dem Betrachter, weitere „Pflugerkirchen“ zu erkennen. Oder bei Kirchen-ausstattungen zu vermuten, dass sie „nach Art der Pfluger“ gestaltet sind, wie es im Kunstführer von Friedrich Thöne des öfteren heißt. Zwei Kirchen in unserer Nachbarschaft kommen hier in Frage:

 

Riedern am Wald:

 

 

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Die Pfarrkirche St. Leodegar in Riedern am Wald hat als Kirche des ehemaligen Augustiner-Chorherrenpropstei Riedern am Wald eine wechselvolle Geschichte. Auch Doris Stöckli, Autorin des Artikels :„Augustiner-Chorherrenpropstei Riedern am Wald – Geschichte“ [„kloester-bw.de/“] vermutet auch, dass Kanzel und Hochaltar von den einheimischen Gebrüder Pfluger aus Birkendorf stammen könnten.

 

Die Kanzelkrone bestärkt uns in dieser Vermutung.

 

 

 

 

Krenkingen:

 

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Die Nächste Kirche, in der die Kanzel nach „Art der Pfluger“ sein könnte, ist in Krenkingen. Der Neu-bau der jetzigen Kirche war 1766 in Angriff genommen worden, in der Zeit, in der die Pfluger den Höhe-punkt ihres Schaffens hatten.

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Bei Paul Booz fin-den sich folgende Notiz, die zur Schaffenszeit von Lorenz Pfluger passt:

 

Lorenz: Schreiner + Fasser aus Birkendorf, Krenkingen 1768/1767

 

 

 

Menzenschwand:

 

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Eine Besonderheit ist der Altar der Pfarrkirche Menzenschwand.

 

Der Altar kam bei der Säkularisation, 1808, aus der Abtskapelle  oder den Fürstenzimmern der Abtei St.Blasien, wohl aus den Eckzimmern des südwestlichen Pavillons nach Menzenschwand. Er entstand nach dem Brand, etwa 1772/73 noch durchaus rokokohaft. Eines der höchst seltenen alten Ausstattungsstücke der Abtei, in der Art der Pflüger. St. Martin im Bild weist auf Abt Martin ll. Gerbert hin.

 

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Der Altar aus St.Blasien kam zunächst in die Menzenschwander Pfarrkirche. Die moderne Pfarrkirche wurde 1975 gebaut und der Altar wanderte mit. Die alte Kirche wurde zur evangelischen Kirche und befindet sich seit 2011 in Privatbesitz.

 

[Kirchenführer St. Martin, Menzenschwand]

 

 

 

Geißlingen:

 

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Wer die Geißlinger Kirche betritt, um eine Pfluger-Kirche zu sehen, stutzt zunächst – Der Baustil ist ganz ungewohnt. Barock und Rokoko waren vorbei, als diese Kirche 1821 gebaut wurde.

 

„Den Hochaltar, auf dem die alabas-terweiß gefassten alten Figu-ren zu stehen kamen, erstellte im Sommer 1821 der Schreiner-meister Alois Pflüger von Birken-dorf; Teile davon waren in Gips-marmor ausgeführt. Auch die Kanzel, Beichtstühle und der Taufstein wurde von Pflüger gefertigt. ...“  1856/58 neue Verzierung durch Vollmar, Säckingen.

 

[Booz,Sauer, Kirchl. Kunst im 19.Jh]

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Kadelburg:

 

Im Jahre 1820 wurde mit der Erweiterung der Kadelburger Kirche begonnen. Für die Innenausstattung hatte sich Hofbildhauer Brunner mit sehr reichen Entwürfen im Louis XVl Stil gemeldet. Aber wegen des billigeren Angebots erhielten der Schreiner Josepf Pfluger aus Tiengen [Er war 1808 dort hingezogen, siehe weiter unten] und der Bildhauer Fechtig aus Unterlauchringen den Auftrag für Kanzel und Hochaltar, am 26. Oktober 1820. Die Arbeiten wurden 1821 ausgeführt. Die Qualität schien nicht die beste gewesen zu sein, denn schon im August 1823 stellte eine Kommissionfest, dass die Vergoldung und ganze Ornamente an den Altären abgefallen seien.

 

[Sauer, Kirchliche Kunst im 19.Jh in Baden, S.212]

 

 

 

Zurzach:

 

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Die Handwerker der Pfluger scheint es, haben auch kleinere Aufträge nicht verschmäht.

 

In Zurzach hatte Alois Pfluger im Jahre 1825 die neue Bossard-Orgel der Kirche St.Verena zu fassen. Das heißt, er musste sie mit barockem Schmuckwerk versehen.  [Booz, Reinle, Verena Zurzach]

 

Die  Bossard-Orgel kam in die reformierte Kirche, als 1976 eine neue Metzler-Orgel angeschafft wurde, die sich stark an die Formen der Bossard-Orgel anlehnt.

 

 

 

Hochsal:

 

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Die Kirche von Hochsal, der „alte Hotz“, der stolz vom Hotzenwald über das Rheintal schaut, hat eine besondere Verbindung zu Birkendorf.

 

Im Turm befand sich das imposanteste Geläut das Kolumban Schnitzer 1860 gegossen hatte. Mit 3200 Pfund hing die schwerste Glocke seiner Produktion mit drei weiteren in Hochsal. Im 1. Weltkrieg wurden die Glocken 1 und 4 eingeschmolzen. In den 20er Jahren wurden die Glocken durch eine neues Geläute ersetzt, das im 2. Weltkrieg erneut eingeschmolzen wurde. 1952 und 1954 erhielt Hochsal erneut eine Glockenausstattung.

 

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Im Kunstführer findet man einen Hinweis auf eine Pfluger-arbeit in Hochsal: „Schlichte Spätbarock-Kanzel, Art der Pflüger, Birkendorf, um 1775.“ Es scheint, dass der Pinien-zapfen zur Kopfschonung der Gläubigen abgesägt worden ist.

 

[Thöne S.110]

 

 

 

Birndorf:

 

Für die Kirche in Birndorf hat Lorenz Pfluger im Jahre 1769 folgende Arbeiten hergestellt:

 

Ein Baldachin mit zwei Engeln zur Aussetzung des Allerheiligsten.

 

Bild der Unbefleckten Empfängnis aus dem mittleren Altar, wird der Prozession vorangetragen.

 

Laubwerk, Engel, Postamente, usw.            

             

[Booz, Ebner]

 

 

 

Bettmaringen:

 

Im Todtmooser Kirchenführer heißt es, dass weitere Altar- und Kanzelbauten von Lorenz Pfluger in Gurtweil, Waldkirch und Bettmaringen nachweisbar seien. Die Bettmaringer Kirche brannte in ihrer Geschichte 5 mal nieder. 1508, im 30jährigen Krieg, 1660 dann in kurzer Folge bis auf die Grundmauern, 1805 und 1828. Von Lorenz Pfluger können aus diesem Grund in Bettmaringen keine Arbeiten mehr vorhanden sein!

 

[Sauer, Kirchliche Kunst im 19.Jh in Baden, S.49]

 

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Fürstabt Martin ll. Gerbert ließ seine 1783 eingeweihte Abteikirche mit Fenstern der 1782 aufgelösten Kartause in Freiburg ausstatten, die hauptsächlich aus dem 16.Jh stammten.

 

Es handelte sich um biblische Figurenscheiben  von 1,45 m Höhe und 55 cm Breite, die in den 6 Fenstern vorderen Hälfte der Kirchenrotunde eingebaut worden waren. Die vier Fenster der hinteren Rotunde sollten auch farbige Fenster erhalten. Mit farbigen Neuschöpfungen aus der eigenen Klosterwerkstatt wurden die Fenster ergänzt. Sie waren ein Werk von den beiden Blasianer Brüdern Michael (1723-1787) und Anton Pfluger (*1740),die aus Birkendorf stamm-ten. Sie hatten auch einen speziellen Glasschmelz erfunden.

 

Nach der Säkularistion wurden die Scheiben ausgebaut. Großherzog Ludwig erwab sie 1820 von den neuen Eigentümern der Klostergebäude. Durch Erbschaft kamen sie in den Besitz des Grafen Douglas auf Schloss Langenstein. Daher werden sie kurz Douglasscheiben genannt.. 1897 wurden sie in Köln versteigert und gelangten in unterschied-liche Museen in Basel, Freiburg, Karlsruhe, Köln, Nürnberg.

 

Bilder:

1. v. l.:   St Bertholt, Mönch von St. Blasien, ab 1111 Abt in Garsten o.d. Ems

2. v. l.:   Immaculata, unbefleckte Empfängnis, mit dem Fuß auf der Erde und auf der Schlange

3. v. l.:  St Burkhard, im 19. Jh. unglücklich repariert

4. v. l.:  St. Nikolaus                                                    

 

[Museum St. Blasien, Katalog zur Ausstellung „Das tausendjährige St. Blasien, Bd.2,1983]

 

 

 

Weitere Nachrichten von den Pflugern aus den Archiven:

 

1726:  In einer Rechnung des Klosters Sion (Klingnau) heißt es: „Dem Schreiner von Bürkendorf  um die Lamb und Laub Wercht zum Hohen Altar    ... 25 fl. „

(Vermutlich Joseph Pfluger)

[Booz; Staat.Archiv Aarau, Sion]

 

1755:  Lorenz Pfluger macht einen Grundriss für eine Kapelle auf Schloss Bürgeln

 

1763 – 1766: Für den Pfarrhausneubau in Grafenhausen unter Abt Meinrad macht „Meister Schreyner Laurentz Pflueger“ von Birkendorf sämtliche Arbeiten an allen Gebäuden.

 

1773:  Gesuch des Aloysius Pfluger / Schreiner in Birkendorf, um Erlass der Wanderschaft, da seine Eltern vor 1 Jahr ganz plötzlich verstarben;  wird genehmigt.

 

Wie der Vater, so der Sohn:

 

1752:  Hochamtsprotokoll: Lorenz Pflüger/ Schreiner zu Birkendorf

 

Philipp Metzger, Maler zu Bonndorf, beschwert sich gegen das Schreinerhandwerk, besonders gegen Lorenz Pfluger, Schreiner zu Birkendorf, weil dieser sich unterstehe, „Malereyen zu mahlen und Altäre zu fassen“, was den Artikeln der Schreinerzunft widerspreche, welche den Schreinern nur den Leimpinsel und das Firnissen, keineswegs jedoch den Malerpinsel zugestehe.

 

Beschluss:    Das Kloster behält sich für seine Arbeiten freie Hand. Für Arbeiten für Untertanen bleibt Pfluger der Malerpinsel untersagt. Wenn dem Schreiner Fasserarbeiten von Fremden zugebracht wird, ist ihm die Annahme unverwehrt.

 

1776   Gregor Welte, gelernter und gewanderter Fassmaler beklagt sich über Aloysius Pflüger aus Birkendorf, weil dieser immer wieder Fasserarbeiten ausführte, was ihm bei schärfster Strafe untersagt sei.

 

[Booz]

 

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Literatur und Fundstellen:

 

Materialsammlung aus dem Nachlass von Dr. Paul Booz, Stadtarchiv Freiburg

 

Paul Booz, Bau- und Kunstgeschichte des Klosters St.Blasien und seines Herrschaftsbereiches, Freiburg 2001

 

Friedrich Thöne, Kunst und Geschichtsstätten beiderseits des Hochrheins und im Südschwarzwald, Vom Rheinfall bis Säckingen und St. Blasien, Sigmaringen, 1975

 

Katalog zur Ausstellung „Das tausendjährige St. Blasien, Bd.2, 1983

 

Sauer, Kirchliche Kunst im 19.Jh in Baden

 

St.Verena.ch,  Informationen zum Verenamünster

 

Reinle, Verena Zurzach

 

Kirchenführer St.Martin Menzenschwand

 

Todtmoos im Schwarzwald, Schnell Kunstführer Nr.661

 

Kirchenführer Gurtweil, Konrad Sutter im Schnell Kunstführer Nr.1564

 

kloester-bw.de, Doris Stöckli, „Augustiner-Chorherrenpropstei Riedern am Wald –Geschichte“

 

Oswald Hermann, Birkendorfer Heimatgeschichte, 1954

 

Jakob Ebner, Geschichte der Ortschaften der Pfarrei Waldkirch, 1933

 

Leo-BW.de , Paulinerkloster Grünwald

 

Berain, Grundbuch der Gemeinde Birkendorf von 1776

 

 

 

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