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Handelsleute, Revolutionäre, Schlossbesitzer und Klostergründerinnen

Die Ganterts, eine vielseitige Birkendorfer Familie

 

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Johann Gantert 1734-1829

Ein erfolgreicher Kaufmann aus Birkendorf

 

Der Name Gantert stand im letzten Jahrhundert in Birkendorf für eine geschäftstüchtige Handelsfamilie. Heute findet man im Ort keinen Vertreter dieses Namens. In anderen Dörfern der Region ist der Name jedoch sehr häufig anzutreffen.

 

Über den Gründer des Handelshauses Gantert kann man in der 'Geschichtlichen Beschreibung der ehemaligen sankt blasischen Reichsherrschaft Bondorf' von Albert Kürzel, Pfarrer zu Gündelwangen, aus dem Jahre 1861 folgendes nachlesen:

 

"Was Unternehmungsgeist, ausdauernder Fleiß und Betriebsamkeit vermag, das lehrt Johann Gantert, geboren zu Birkendorf 1743.

 

Mit nur fünf Gulden fing er in seiner Jugend einen Handel mit Zunder und Schwefelhölzchen an. Als dieser ihm einschlug, dehnte er denselben mehr aus und verlegte sich zugleich auf die Verfertigung von Dosen aus Papiermache. Mit diesem Artikel besuchte er einst die Messe zu Frankfurt, machte dort Bekanntschaft mit holländischen Kaufleuten und fand Credit bei ihnen. Hierauf fing er an, auch mit Zucker und Kaffee zu handeln. Unermüdlich in seinem Fleiße, redlich und pünktlich im Zahlen, begünstigte das Glück seine Unternehmungen und wohlberechtigten Spekulationen so sehr, daß er bald einen eigenen Spezereienhandel anfangen und sich förmlich in Birkendorf niederlassen konnte. Hierauf trat er mit mehreren Handelshäusern in Holland und Italien, namentlich zu Neapel, in Verbindung, hielt seine ordentlichen Bücher und sein Comptoir, gleich dem größten Kaufmanne. Von allem wusste der rege Geist Ganterts Nutzen zu ziehen, Alles fast ohne Anweisung zu erlernen und sich dadurch nach und nach in Vermögen von mehr denn 100.000 Gulden zu erwerben. So sehr er auch von dem Glücke begünstigt war, so ließ er sich von dessen Glanze dennoch niemals blenden, sondern blieb dem einfachen Bauernstande, welchem er entsprossen war, treu. Noch in älteren Jahren war er thätig, und wußte sich auf mancherlei Weise nützlich zu machen, wie er denn auch jene artigen Blechfiguren nachahmte, deren Erfinder und erster Verfertiger der Blechschmied Roos in Freiburg war, - die als Türken, Ritter u. dgl. auf Gartenhäusern angebracht werden. Außerdem hat Gantert auch eine Tabak- und Siegellackfabrik, so wie ein Kräuterbad, in Birkendorf errichtet, die manchen Personen zur Beschäftigung und Unterhaltung dienten. Er starb den 17. Mai 1820 und hinterließ ein Kapital von 2.200 Gulden zum Zwecke der Wiedererrichtung einer Pfarrei in Birkendorf, wozu auch seine Tochter Maria das ererbte Haus in gleicher Absicht zu einem Pfarrhause, das nun als Schulhaus [heute Rathaus] dient, samt einem großen Gemüse= und Baumgarten schenkte."

 

[Kürzel, Geschichtlichen Beschreibung der ehemaligen sankt blasischen Reichsherrschaft Bondorf, 1861]

 

Ganterts Tochter Maria, die unverheiratet blieb, schenkte der Gemeinde im Jahre 1830  das ererbte Haus, das als Schul- und Pfarrhaus dienen sollte, falls Birkendorf wieder eine eigene Pfarrei würde. Zur damaligen Zeit war Birkendorf eine Filiale der Pfarrei Grafenhausen. Das Haus beherbergte den Kindergarten und war Rathaus bis zur Gemeindereform 1971 und danach der Sitz der Ortschaftsverwaltung mit dem Sitzungsraum des Ortschaftsrates. Seit dem Jahr 2015 werden alle Räume vom Kindergarten genutzt.

 

Eine weitere Tochter Johann Ganterts, Johanna Baptiste war Klosterfrau in Berau und behielt im verschenkten Rathaus das Heimatrecht. Maria Gantert erhielt von der Gemeinde das alte, kleine Schulhaus, das sie weiter ausbauen durfte. Heute ist dies das Haus der Familie Fechtig, Raumausstatter.

 

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Oberlicht der

Rathaustüre 

 

Die Familie Fechtig kam wahrscheinlich in den Besitz dieses Hauses, weil sie durch Genovefa Fechtig einer weiteren Tochter Ganterts von Maria Gantert nach deren Tod geerbt haben wird.

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Fenster- Türbogen Pfarrhaus

 

Das Haus aus dem die Ganterts stammen, ist das heutige Pfarrhaus! Das heutige Rathaus wurde von der Familie Gantert erbaut und von der Tochter Maria der Gemeinde gestiftet. Über dem Eingang sind die Initialien Johann Ganterts, J.G.. Neben der Grotte bei der Pfarrkirche stehen noch die Grabkreuze von Johann und Maria Gantert.

 

Zum Zeichen Johann Ganterts mit seinen Initialen JG ist folgendes zu sagen: Der stilisierte "Vierer" ist eine Balkenwaage, die das Gewerbezeichen der Handelsleute ist. Gantert kombinierte es auf unterschiedliche Weise mit seinen Anfangsbuchstaben.

 

Das Symbol ist auch auf den "Gantertkreuzen" neben der Pfarrkirche zu sehen.

 

 

 

Bittschrift des Johann Gantert 1779 wegen einer Tabakstampfe

Das Gebäude der „Kleiderfabrik“ geht auf Johann Gantert zurück. Über die Errichtung einer Tabakstampfe an der Schlücht liegt von Gantert die aus dem Jahre 1779 stammende Bittschrift vor; die lautet:

 

Hochwürdigster des Heil. Röm. Reiches

 

            Fürst Gnädigster Fürst und Herr Herr!

 

Euer Hochfürstl. Gnaden wirfet sich ein treü gehorsamster Vaterlandsunterthan zu Füßen und erfrechet sich unterthänigst vorzutragen:

 

Durch die in löbl. Nachbarschaft befindliche Tabakmühle- und Stampfen setze ich mich immer mehr in Rücksicht des diesfalls dortig ringenden Preises, an meinem Tabakhandel. mit dem ich doch mein Stück Brod für Weib und Kinder bishin gesucht, vernachtheiliger dergestalten, daß ich nun von Mathias Müller zu Seewangen ein halben Thaun Eigentum Mattfeld an der Schlücht erkaufet, in der Absicht hierauf eine zwanzig Schuhweit und eben so breite Tabakstampfe, ohne jemanden mindesten Schaden, uns allein zu meinem und der Meinigen besseren Nutzen, erbauen zu lassen. Es gelanget demnach an Eüer Hochfürstlichen Gnaden meinen gnädigsten Landesherrn die unterthänigst fußfällige Bitte, Höchst dieselbe geruhen aus Landesväterlicher Milde, mir die Erlaubnis, eine Tabkstampfe von Mauerwerk zu errichten, gegen Erstattung einer leident Gebühr, gdgst, angedeihen zu lassen; weil ich ansonsten genötiget, ermeldeten Handel zu entlaß.

 

Gnädigster Landesfürst! ich werde für diese höchste Gnade mein Gebet zu Gott für Höchstderselben Wohl zu entrichten nicht vergessen der ich in tiefster Ehrfurcht und Erniedrigung ersterbe.

 

Euer Hochfürstl. Gnaden unterthänig treü gehorsamster Landesunterthan zu Birkendorf

 

Johann Gantert  Krämer

 

Das Gesuch wurde unter Befürwortung und einiger Bedingungen des Oberamtes Bonndorf nach St. Blasien zur Genehmigung weitergeleitet. Die herrschaftliche Erlaubnis erfolgte am 25. Oktober 1779.  Im Jahre 1793 wurde eine weitere Bittschrift um Errichtung einer „Öhle“ an Abt Berthold lll. abgesandt und wurde gegen gewisse Auflagen der Bitte entsprochen.

 

[Oswald Hermann, Birkendorfer Heimatgeschichte, 1954]

 

 

 

Kurze Geschichte der „Kleiderfabrik“

Wie lange das Gebäude an der Schlücht von Gantert genutzt wurde, ist nicht bekannt.

 

Im Jahre 1853 suchte Joseph Flügel aus Birkendorf, z.Zt.Rechtsanwalt in Bonndorf [Besitzer des gantertschen Anwesens, heute Pfarrhaus], um die Konzession nach, aus dem zum Teil abgebrochenen oder zerfallenen Gebäude an der Schlücht eine Tabakstampfe, eine Schleife, eine Öle, eine Privatmühle und eventuell eine Hanfreibe errichten zu dürfen, weil dafür gewissermaßen ein Bedürfnis in Birkendorf bestehe..

 

Die Gemeinde erteilte dafür zwar die Erlaubnis, aber Einsprüche von 8 Gewerbetreibenden der umgebenden Orte führten zu langwierigen Rechtsstreiten. Flügel wurde vom Bezirksamt schließlich die Erlaubnis erteilt. Die Ausführung des Vorhabens scheiterten schließlich aus unbekannten Gründen.

 

Das Gantertsche Gebäude an der Schlücht ging durch Kauf im Jahre 1886 an die Firma Ringwald u.Co. aus Waldkirch über. Es wurde eine Zwirnerei eingerichtet.

 

 

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Im Jahre 1928 kaufte die Gemeinde das Gebäude zurück.  Im gleichen Jahr verpachtete die Gemeinde das Gebäude an die Firma Metz und Söhne aus Freiburg. Schon 1930 kündigte Metz den Vertrag wegen Unrentabilität. 1932 übernahm die Seidenzwirnerei Gütermann u. Co. aus Gutach  die Gebäude. 1949 löste die Firma ihren Betrieb auf.

 

 

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Für etwa ein Jahr  pachtete Glunk, der Besitzer des Berghauses das Gebäude und fertigte Lampenschirme, Schuhriemen und andere kleinere Gegenstände an. Er gab bald wegen Absatz-schwierigkeiten auf.

 

Im Jahre 1951 übernahm Günter Schmidt aus Berlin-Pankow das Anwesen zunächst pachtweise und richtete eine Produktion für Damenkleider ein. Die „Kleiderfabrik“ war geboren.

 

Günter Schmidt verlagerte seine Produktion in den 70er-Jahren  nach Lauchringen. Sein Bruder Bernd betrieb dann einen Taxtilhandel in der Kleiderfabrik, den er in den 90er-Jahren aufgab. Jetzt ist das Gebäude in Besitz einer Schweizer Familie.

 

[Oswald Hermann, Birkendorfer Heimatgeschichte, 1954; Josef Kaiser, Birkendorf, 2016]

 

 

 

Bittschrift wegen Zollgebühren

In einer anderen Bittschrift vom Jahre 1786 wendet sich Johann Gantert gegen den vielfach zu entrichtenden Zoll, den er zu bezahlen für jedes Fass Salz in Bettmaringen, Birkendorf und Grafenhausen mit je 12 Kreuzer verpflichtet war, um diese Ware nach Seebrugg führen zu dürfen.

 

Die Zollstelle für Birkendorf befand sich seiner Zeit im heutigen Ortsteil „Hecke bei Konrad Schnitzers Haus allwo dermahlen Zoll und das Wegegeld abgeleget wird“.

 

 [Oswald Hermann, Birkendorfer Heimatgeschichte, 1954]

 

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Wie bedeutend das Handelsunternehmen Gantert gewesen sein muss, bemerkt man an den Gebäuden rund um den Kirchplatz. Das Stammhaus war das heutige Pfarrhaus oder  „Haus der Begegnung“, das bis zu den Häusern und Bulai und Schwenninger mit Lagerräumen unterkellert war und eine Verbindung ins ehemalige Kaufhaus Blatter hatte! Das Haus Schwenninger wurde auch als „Seifehüsli“ bezeichnet. Ein Hinweis auf eine weitere Produktion der Ganterts.

 

Von der Oberholzstraße aus gesehen ein Teil des Gantertschen Imperiums vom heutigen Pfarrhaus bis zum Haus Schwenninger.

 

Im Jahr 2004 gab der Zufall einen Blick auf unbekannte Kellerräume der Ganterts frei, weil eine Mauer zum Bach hinter dem Haus Bulai einfiel. (siehe vorhergehendes Bild)

 

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Der Gantert‘sche Armenfond oder

Die karitative Seite der Familie Gantert

Johann Gantert war nicht nur ein erfolgreicher Kaufmann. Er war auch bereit, von seinem Vermögen an die Allgemeinheit abzugeben. In seinem Testament legte er einen Betrag fest, dessen Zinsen an die Armen des Ortes gehen sollten. --Übrigens war dies keine Stiftung zur Wiedereinrichtung der Pfarrei Birkendorf, wie es Der Chronist  Pfarrer Kürzel im Jahre 1861 in der Beschreibung der ehemaligen Grafschaft Bondorf darstelltt. Hier irrte er. Diese Stiftung machte erst seine Tochter Maria. –

 

In den Rechnungsberichten zur Stiftung , die im Archiv ruhen, erfahren wir genaueres, denn immer wurde im Vorbericht die Entstehung und der Zweck dargelegt. Dort lesen wir in der Rechnung für1820 oder für die Jahre 1902-05:

 

 

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l. Entstehung der Stiftung:

Der am 16. März 1820 zu Birkendorf verstorbene Johann Gantert hat durch letztwillige Verfügung vom 18. April 1809 ein Kapital von 2200 fl  =  3771 M 43 Pf unter der Bedingung gestiftet, daß aus den 5%-igen  Zinsen alle Jahre am Freitage nach dem Kirchweih- Sonntag für ihn und seine Frau ein Jahrtag  abgehalten und der noch bleibende Rest an Zins unter jene Ortsarmen ausgeteilt werden soll, welche dem Gottesdienst am genannten Jahrtage beiwohnen; daher

 

ll. Zweck der Stiftung:

 

1. Abhaltung eines Jahrtages für den Stifter und dessen Ehefrau, wofür  a) dem jeweiligen Pfarrer 2 fl =   3 M 43 Pf; b) dem jeweiligen Meßmer 1 fl =   1 M 71 Pf zu entrichten sind.

 

2. müssen unter jene Ortsarmen, welche der Seelmesse beiwohnen  100 fl  [172 M] ausgeteilt werden.

 

Nach Regierungserlassen vom 1. Dezember 1845 No=24377 und vom 3. März 1846 No=6154 dürfen jedoch bis zur größeren Rentabilität des Fonds nur 80 fl = 137 M 14 Pf verteilt werden.

 

 

 

Die Stiftungsurkunde von Maria Gantert,

Tochter von Johann Gantert lautet: Stiftung

Nach reiflicher Überlegung habe ich mich bedachtsam entschlossen, nachstehende Stiftung zu machen.

 

1.         Der Gemeinde Birkendorf schenke ich mein eigentümliches Haus mit Scheune und Stall, Schopf und Keller zu einem Schul- und Gemeindehaus und verlange aber, dass, wenn einstens eine Pfarrei errichtet werden sollte, dieses Haus ein Pfarr- und Schulhaus geben soll.

 

2.         In diesem Haus muss der Geistliche von Grafenhausen, wenn er zu geistlichen Verrichtungen hierherkommt, das Recht zum hinlänglichen Platz haben. Dafür müssen mir jährlich zwei Jahrtage gehalten werden:

 

einer am Samstag nach Kirchweihsonntag, der andere aber jedesmal an dem Tage, wo ich gestorben sein werde. Beide Tage müssen sowohl von dem Geistlichen als von dem Meßner unentgeltlich gehalten werden. Es muss Messe gelesen werden und das Grab besucht werden, wenn die Jahrtage gehalten werden. Dabei muss der Lehrer mit den Schulkindern fleißig erscheinen; er muss ebenfalls mit den Kindern an diesen Jahrtagen mittags um 12 Uhr in die Kirche gehen und durch andächtiges Gebet mein Andenken ehren. Dafür hat ein jeweiliger Lehrer den Krautgarten und den Grasgarten bei und hinter dem Hause zu benutzen.

 

Wenn aber einstens eine Pfarrei errichtet werden sollte, so hat der Geistliche den ganzen Grasgarten und die untere Hälfte des Krautgartens zur Benutzung anzusprechen.

 

3.         Wenn aber einstens das Haus zu etwas andern als zu einem Pfarr- und Schulhaus verwendet werden soll oder die Jahrtage nicht mehr gehalten werden, so will ich ausdrücklich haben, dass dieses Haus alsdann verkauft und der Erlös zum Besten der Ortsarmen verwendet werden soll.

 

4.         Meine Schwester, Joh. Baptista, Klosterfrau in Berau, hat den ihr verschriebenen Platz im hinteren Stübchen samt dem halben Krautgarten während ihrer Lebzeit zu benutzen, wenn sie allenfalls einmal hierher kommen sollte.

 

Auf diese Art will ich der Gemeinde nützlich werden und will durch diese Stiftung den allgemeinen Nutzen fördern.

 

Birkendorf, den 20. November 1830

gez. Stifterin Maria Gantert, Beistand: Andreas Berger, Vogt

 

Die heute versammelte Gemeinde nimmt mit dem herzlichen Dank diese Stiftung an und bewilligt der Stifterin Maria Gantert als Erkenntlichkeit folgendes:

 

1.         Werden ihr aus der Gemeindekasse dreihundert Gulden bares Geld ausbezahlt.

 

2.         Gibt man ihr das alte einstöckige Schulhaus als Eigentum, wohin sie das Bürgerrecht mit Bezug der Holzes aus ihrem bisherigen Haus hinziehen kann. Zugleich wird dasselbe während ihres Lebens von allen Gemeindefronen befreit.

 

3..        Da die Stifterin ledig ist und sich nicht mehr verheiratet, so darf das alte Schulhaus zu ihrer künftigen Verfügung nur um ein Stockwerk erhöht werden.

 

Zu diesem Bau gibt man ihr das notwendige Bauholz und die Bretter unentgeltlich ab und führt dieses zu dem alten Schulhause. Die anderen Baumaterialien muss die Stifterin aus ihrem Vermögen bestreiten; die Gemeinde führt ihr dieselben unentgeltlich zum Schulhause.

 

4.         Von Seiten der Gemeinde wird man sorgen, dass die vorstehenden Bedingnisse der Stifterin jederzeit genau und pünktlich vollzogen und befolgt werden.

 

Birkendorf, den 21. November 1830

gez. Vogt Berger

Gemeinderechner Weiler, Michael Graß, Johann Wießer

Ewald, Gerichtsschreiber

 

 

 

Die Grabkreuze der Familie Gantert neben der Kirche

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Vom ehemaligen Friedhof, der direkt neben der Birkendorfer Kirche lag, sind nur noch drei Kreuze erhalten. Als Mitte des19. Jahrhunderts der Friedhof an den Ortseingang Richtung Grafenhausen verlegt wurde, wurden im Laufe der Zeit die Gräber neben der Kirche abgeräumt. Nur drei Grabkreuze, die der Familie Gantert blieben erhalten. Sie wurden zusammengefasst und fanden ihren Ort neben der Grotte.

 

Heute gibt es in Birkendorf den Namen Gantert nicht mehr. Die Grabkreuze wer-den aber weiterhin gepflegt. Der Verein 900 Jahre Birkendorf finanzierte mit 5500 Mark die Restau-rierung der Grabkreuze, die vom Schmied der Tannen-mühle vorgenommen wurde. Danach kümmerte sich Messner Otto Blatter darum, dass sie gut erhalten blieben. Vor kurzem war es Arthur Nüssle, der die Kreuze erneut auffrischte.

 

 

 

Fidel Gantert 1807-1879

Ein Bruder von Johann Gantert war Joseph Gantert, der in den Kirchenbüchern auch als Kaufmann bezeichnet wird. 

 

Sein Sohn Fidel Gantert wird in den Büchern ebenfalls als Handelsmann genannt. 1838 heiratete er Viktoria, Josepha Christmann.  Nach Handrissen des Vermessungsamtes war 1876 die Familie Fidel Gantert im heutigen Haus Stulz in der Hecke wohnhaft.

 

Fidel Gantert scheint ein kritischer Geist gewesen zu sein: Als im Jahre 1849 die Gemeinde 150 Morgen schlagbaren Wald unter die Hausbesitzer verteilen wollte, verwahrte er sich dagegen. Doch da Gantert durch seine Teilnahme an den Aufständen der Badischen Revolution 1848/49 sein Bürgerrecht verloren hatte, stand ihm (lt.Urkunde) auch kein Verwahrungsrecht in dieser Sache zu. In einer Chronik heißt es, Fidel Gantert sei nach seiner [Wieder-] Einbürgerung immer noch ein großer Hetzer und Nörgler gewesen und habe versucht, die Ortsregierung zu verdächtigen und die Bürger gegen diese aufzuhetzen.

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Anzeige aus dem  Alb-Boten, Oktober 1855

 

Fidel Gantert arbeitete auch  als Auswanderungsagent für das Büro Rabes und Stoll in Mannheim.

 

An die Landesregierung sind über 10 Petitionen Ganterts verzeichnet. Unter anderem eine Petition zur Abschaffung der Körperstrafen in der Volksschule, oder für das Vorschlagsrecht der Gemeinden bei der Lehrerbesetzung.

 

1839 protestierte er gegen seine Exkommunikation wegen eines fehlenden Beichtzettels zur Osterkommunion.

 

 

 

Arminia Gantert

Eine Ordensgründerin aus Birkendorf

 

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Kloster in Banja Luka

 

Der Zufall beleuchtet gelegentlich bisher unbekannte Personen aus der Geschichte unseres Dorfes und trägt dazu bei, dass die Ortschronik um eine Facette reicher wird. So geschehen im Mai 1991.

 

Eine Gruppe von 40 Ordensschwestern der „Anbeterinnen des kostbaren Blutes“ aus Zagreb kam damals nach Birkendorf um den Geburtsort und die Taufkirche ihrer Ordensneugründerin Arminia Gantert  kennenzulernen. Und man fragte sich: Wer war Arminia Gantert?

 

Arminia Gantert wurde 1839 als Tochter von Fidel Gantert geboren. Ihr Großvater war Joseph Gantert, ein Bruder von Johann Gantert. Maria Gantert war eine Cousine ihres Vaters. Mit 19 Jahren trat sie in Gurtweil in das Kloster der „Anbeterinnen des kostbaren Blutes“ ein. Die Ordensschwestern führten dort ein „Heim für verwahrloste Mädchen“, die sogenannte „Rettungsanstalt“. 1860 war Arminia unter den elf ersten Mädchen, die in Gurtweil eingekleidet wurden. Sie wurde gleichzeitig als Lehrerin ausgebildet.

 

Als Folge des „Kulturkampfes“ zwischen Staat und katholischer Kirche und wegen des badischen Kirchengesetzes musste das Kloster 1873 geschlossen werden. 60 Schwestern wanderten daraufhin in die USA aus. Arminia Gantert blieb jedoch mit acht älteren Ordensschwestern, denen die Überfahrt nicht mehr zugemutet werden konnte, zurück. Sie zog mit ihnen als Oberin zunächst nach Feldkirch in Vorarlberg, und danach Bosnien, wo sie sich in Banja Luka ab dem Sommer 1879 dem Neuaufbau des Ordens widmete.

 

Dort wurde ein Waisenhaus gegründet und mit dem Klosterbau begonnen. In diesen Anfängen starb Arminia Gantert am 6. April 1882 im Alter von 43 Jahren. Der Orden nahm nach dem Neuaufbau einen ungeahnten Aufschwung und ist in sieben Provinzen in Nord- und Südamerika, in der Schweiz, Liechtenstein, Kroatien in Polen verbreitet. Arminia Gantert wird als ihre Ordensgründerin verehrt.

 

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Pfarrer Maier, beim Picknick  mit 40 Kroatischen Schwestern neben der Kirche hinter dem Rathaus, das die katholischen Frauen für ihre Gäste angeboten hatten. Der Kirchenchor gab dabei Melodien zu Besten.

 

 

 

Badische Zeitung, 27. März 1991

Beginn einer Partnerschaft?

40 kroatische Schwestern waren in  Birkendorf 

 

ÜHLINGEN-BIRKENDORF (hag) Am vergangenen Freitag läuteten gegenMittag in Birkendorf die Glocken zum Gottesdienst- Grund war der Besuch von vierzig Schwestern aus dem kroatischen Zagreb vom Orden der "Anbeterinnen des kostbaren Blutes", die in Birkendorf die Heimat ihrer Ordensneugründerin, Arminia Gantert, kennenlernen wollten. Sie wurden von Pfarrer Maier empfangen, der ihnen kurz die Verhältnisse erklärte, aus denen Schwester Arminia stammte- Die Grundlagen dazu waren vom Mesner Otto Blatter aus den Kirchenbüchern des vorigen Jahrhunderts zusammengetragen worden. Die Oberin des Ordenshauses aus Schaan in Liechtenstein erklärte den Birkendorfern die Entstehung ihres Ordens, und Ortsvorsteher Stulz hieß die Schwestern im Namen der politischen Gemeinde willkommen.

 

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In der Birkendorfer Pfarrkirche: Schwestern vom Orden der „Anbeterinnen des heiligen Blutes“ in der Kirche, in der ihre Ordensgründerin getauft wurde.

 

 Nach dem Gottesdienst, der überwiegend in Kroatisch, aber auch in Deutsch gehalten wurde, versorgten die katholischen Frauen die jugoslawischen Gäste mit einem Picknick neben der Kirche. Ein kleiner, aber stimmgewaltiger Chor gab dazu Volksweisen zum besten- Die Schwestern waren überwältigt vom herzlichen Empfang und hofften, daß es nicht wieder 120 Jahre dauern dürfte, bis neue Kontakte zustande kämen. Augenzwinkernd meinte die Oberin, wenn Birkendorf schon zwei Partnerschaften habe, so könnte doch vielleicht auch eine mit dem Kloster möglich sein. Der Kirchenchor auf jeden Fall hat schon seine Fühler zum Ordenshaus in Liechtenstein ausgestreckt "Drei Tage Zagreb wären auch  nicht schlecht", war von einer Sängerin des Chores zu hören.

 

 

 

Longin Gantert

Ein weiterer Spross der Handelsdynastie

 

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1815 waren die Gebäude des Schlosses Gurtweil  durch Lazarettbenutzung während Gelbfieber und Typhus ziemlich verdorben.

 

1822 kaufte LONGIN GANTERT aus Birkendorf das Anwesen für 10.000 fl und richtete darin eine Schnapsbrennerei und Rotfärberei ein.Das Unternehmen rentierte sich jedoch nicht und sein Sohn geriet 1846  in die Gant.

 

1846 ersteigerten zwei Schweizer das Schloss für 21.000 fl, um darin eine Seidenweberei einzurichten, die jedoch nicht zustande kam.

 

Pfarrverweser Kessler erwarb 1857 mit Hilfe von Geldgebern und Spenden das Anwesen und gründete darin eine "Rettungsanstalt für gefährdete und verwahrloste Mädchen" und gewann  meist aus dem Hotzenwald stammende Schwestern als Erzieherinnen.


1859 wurde das Heim genehmigt. 1873 wurde die Anstalt durch den Staat aufgehoben. Die meisten Lehrschwestern gingen Nach Feldkirch, Vorarlberg oder in die USA.

 

[in Rudolf Metz , Geologische Landeskunde des Hotzenwaldes, S. 909]

 

1858 trat Arminia Gantert aus Birkendorf mit 19 Jahren in den Orden der "Anbeterinnen des kostbaren Blutes ein", die das Heim in Gurtweil leiteten.

(siehe Lebenslauf von Arminia Gantert in "Die Birkendorfer Familie Gantert")

 

 

 


 

Literatur und Fundstellen:

 

Broschüre  des Ordens der ‚Anbeterinnen des Blutes Christi‘ ASC aus der Reihe ASC-Profile:
Herminia Gantert, Erste Leiterin der Anbeterinnen in Bosnien

 

Schaan, Lichtenstein

 

Badische Zeitung vom 27. Mai 1981

 

Alb-Bote vom Oktober 1985

 

Albert Kürzel, Pfarrer zu Gündelwangen , Geschichtlichen Beschreibung der ehemaligen sankt blasischen Reichsherrschaft Bondorf',  1861

 

Metz, Geologische Landeskunde S. 909

 

Oswald Hermann, Birkendorfer Heimatgeschichte, 1954, Typoskript